DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
Die heimische Seele ist traditionell zerrissen zwischen Einstellung und Umstellung. Auch wenn sie das Ende herbeisehnt (egal welches), fürchtet sie nichts mehr als Veränderung. Hitze, Kälte, Unwetter könnten nicht schlimmer sein als die meteorologische Ansage „Veränderlich“.
Indem der Luxemburger Jean-Claude Juncker, umtriebiger Präsident der Europäischen Kommission, inspiriert durch eine europaweite Befragung ein Ende der Zeitumstellung in Aussicht stellt, rührt er an ein österreichisches Dilemma. So unwirsch das halbjährliche Umstellen der Zeit an der österreichischen Seele kratzt, so groß ist ihr Unwohlsein angesichts neuerlicher Änderungsperspektive. Der Volksmund fasst zusammen: Wir haben uns an den Schas gewöhnt, jetzt sollen wir ihn uns wieder abgewöhnen? Wie wird es sein, wenn wir uns nicht mehr fürchten vor dem schlagartig verfrühten Dunkelwerden?
Müssen Vorarlberger und Tiroler Schulkinder bald zu nächtlicher Stunde den Schulweg antreten? Wie wird die Kuh im österreichischen Stall aufs Normalgemolkenwerden reagieren?
Aus dem Lager der Genauigkeitler tönt es sachlich: Nicht die Zeit wird verstellt, sondern die Uhren. Und nun werden sie nicht mehr verstellt. Nichts ändert sich, es wird nur sichtbar, was uns seit Anbeginn unseres Daseins umgibt: Die brutale Realität der Jahreszeiten! Was eignet ihnen? Die Fluktuation der Tageslängen. Eine besonders perfide Form von Veränderlichkeit. Angst ist angesagt. Es wird furchtbar werden. Grausam.