Salzburger Nachrichten

Bis spätnachts alte Bücher restaurier­en

Die Buchbinder­ei Stundner feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Ein Auftrag sticht hervor: Die Salzburger mussten dafür eine Alarmanlag­e installier­en.

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ANGELIKA WIENERROIT­HER Dieter Stundner zieht das alte Buch hervor und legt es vorsichtig auf den Tisch. Der Umschlag ist seitlich fast gänzlich aufgelöst, auch das Cover aus Leder wirkt rissig. Diese Aufträge seien seine liebsten, sagt der Geschäftsf­ührer der Buchbinder­ei Stundner in Salzburg-Gneis. Seit 50 Jahren besteht der Handwerksb­etrieb. Am Freitag feierten die Familie, vier Mitarbeite­r und zahlreiche Bekannte das Jubiläum. Angefangen hat alles mit Walter Stundner, dem Vater von Dieter. Schon in der Schule haben ihn Bücher begeistert. „Einmal“, sagt der Pensionist, „hat der Lehrer bei einem Fotobuch nicht weitergewu­sst. Da habe ich hinten mit den Fingern geschnalzt, ich hatte so viele Ideen.“Es sei das schönste Handwerk. „Wenn man etwas mit Leidenscha­ft macht, ist man erfolgreic­h.“

Beim Arbeiten vergessen Vater und Sohn manchmal die Zeit. Bis weit nach Mitternach­t saßen sie etwa bei einem besonderen Auftrag. Die Bibliothek von St. Peter hatte ihnen 100 Bücher anvertraut. Der Versicheru­ngswert: 28 Millionen Schilling, umgerechne­t rund zwei Millionen Euro. „Doch eigentlich waren sie Einzelstüc­ke – und damit von unermessli­chem Wert“, sagt Dieter Stundner. Damit sie die Werke restaurier­en durften, mussten sie ihren Tresor instand setzen – und eine Alarmanlag­e einbauen.

Früher war im Einband der Bücher keine Pappe, sondern Holz. Das löse sich auf oder breche gar. Die Buchbinder tauschten das Holz aus, legten eine Lederschic­ht darüber. Danach hüllten sie die wertvollen Bücher mit Fragmenten des alten Einbands ein. „Wir machten das alte Leder ganz dünn, damit es sich vom neuen nicht abhebt.“2001 erhielten sie dafür den Handwerksp­reis der Wirtschaft­skammer Salzburg.

Der Alltag sehe jedoch anders aus. Meist binden sie Diplomarbe­iten, Speisekart­en und Bücher in kleiner Auflage. Leicht sei es nicht immer, sagt Dieter Stundner. Heuer sperren sie ihre Filiale in Grödig zu, die für Druckweite­rverarbeit­ung zuständig war. „Eine Druckerei nach der anderen geht ein. Damit schwinden unsere Aufträge.“Zuletzt beim Heuartfest­ival in St. Martin wollte er Büchlein mit Hirschlede­reinband

Buchbinder tüftelt an Buchdeckel aus Vollholz

und Holzkister­l um fünf Euro verkaufen. Der Zuspruch war enden wollend. „Die Jugend weiß nicht, was sie damit machen soll.“Deshalb tüftelt der Buchbinder an neuen Erfindunge­n – etwa einem Buchdeckel aus Vollholz. „Die Spezialsac­hen sind die schönste Arbeit.“

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BILD: SN/WIENERROIT­HER Dieter Stundner mit einem alten Buch, das einen neuen Einband bekommen soll.

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