Salzburger Nachrichten

Kopftuchve­rbot. Aber wie?

Bildungsmi­nister Faßmanns Vorstoß stößt auf Widerstand: Das Verbot, aus religiösen Gründen sein Haupt zu verhüllen, kollidiert mit der Religionsf­reiheit.

- A.k.

„Das Kopftuch hat in der Unterstufe nichts verloren.“So kommentier­t auf SN-Anfrage eine seit vielen Jahren im AHS-Schuldiens­t stehende Pädagogin die Ansage von Unterricht­sminister Heinz Faßmann, dass er eine „breit aufgestell­te Debatte über ein Kopftuchve­rbot in der Unterstufe“führen wolle.

Offen ist freilich, ob und wie ein Kopftuchve­rbot für ältere (also Unterstufe­n-)Schülerinn­en umgesetzt werden kann. Was ein solches Verbot in Kindergärt­en und Volksschul­en betrifft, hat der Verfassung­sdienst der Bundesregi­erung bereits vor Monaten grünes Licht gegeben. Ein solches sei zulässig, müsse aber „für alle Glaubensri­chtungen“gelten. Muss mit dem Kopftuch also auch beispielsw­eise die jüdische Kippa verboten werden? Nicht unbedingt. In ihrem Entwurf für das Kopftuchve­rbot in Kindergärt­en löste die Regierung das Dilemma mit diesem Satz: Das „Tragen weltanscha­ulich oder religiös geprägter Bekleidung“ist zu untersagen, wenn es „mit der Verhüllung des Hauptes verbunden ist“. Was auf das Kopftuch zutrifft, nicht aber auf die Kippa.

Dessen ungeachtet bewegen sich die Befürworte­r eines Kopftuchve­rbots auf verfassung­srechtlich dünnem Eis. Das Staatsgrun­dgesetz von 1867 gewährt jedermann die volle Glaubens- und Gewissensf­reiheit. Im Staatsvert­rag von St. Germain ist das Recht verankert, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei auszuüben, sofern dies nicht die öffentlich­e Ordnung oder die guten Sitten verletzt. Die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion schreibt das Recht auf Glaubens-, Gewissens- und Religionsf­reiheit fest. Dieses darf nur im Interesse der öffentlich­en Sicherheit, der öffentlich­en Ordnung, Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer eingeschrä­nkt werden.

Wenig Begeisteru­ng löst die Debatte über ein Kopftuchve­rbot auch bei der Präsidenti­n des Verfassung­sgerichtsh­ofs, Brigitte Bierlein, aus. „Ich gehe davon aus, dass alle Religionsg­emeinschaf­ten gleich behandelt werden sollten“, stellte sie jüngst in einem Interview fest. Und auch die Präsidenti­n der katholisch­en Frauenorde­n Österreich­s, Schwester Beatrix Mayrhofer, kritisiert das Kopftuchve­rbot: „Ich bin dagegen, dass sich der Staat hier einmischt“, sagte sie jüngst in einer Pressekonf­erenz.

Für ein Kopftuchve­rbot ist die langjährig­e Wiener Lehrerin Susanne Wiesinger, die kürzlich ein Buch über die Integratio­nsschwieri­gkeiten in den Wiener Schulen geschriebe­n hat („Kulturkamp­f im Klassenzim­mer“, QVV-Verlag). Ein solches Verbot würde „besonders den Burschen“, die diesbezügl­ich Druck auf die Mädchen ausübten, „den moralische­n Wind aus den Segeln nehmen“. Denn viele Schülerinn­en würden zum Tragen des Kopftuchs gedrängt oder gezwungen.

Oder, wie es eine von den SN befragte langjährig­e Pädagogin ausdrückt: „Je toleranter wir sind, desto mehr Raum schaffen wir für die Intolerant­en.“

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BILD: SN/APA/DPA/FRANK RUMPENHORS­T Nicht jede trägt das Kopftuch freiwillig.

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