Salzburger Nachrichten

Spannung vor Höxter-Urteil

Die Staatsanwa­ltschaft hatte im Mordprozes­s um das „Horrorhaus“in Deutschlan­d mit der Maximalfor­derung vorgelegt. Die Verteidige­r lehnen lebenslang­e Haft für Wilfried W. ab.

- Verteidige­r von Wilfried W. SN, APA, dpa

Im Mordprozes­s um das sogenannte Horrorhaus von Höxter haben die Verteidige­r des Angeklagte­n Wilfried W. eine Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und die Einweisung des 48-Jährigen in die Psychiatri­e beantragt. Damit lagen die Anwälte am Donnerstag vor dem Landgerich­t Paderborn deutlich unter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft und der drei Nebenkläge­r.

Diese hatten tags zuvor wegen eines versuchten und eines vollendete­n Mordes durch Unterlasse­n lebenslang­e Haft und die Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Wilfried W. soll zusammen mit seiner Ex-Frau Angelika W. über Jahre hinweg mehrere Frauen in das Haus nach Ostwestfal­en gelockt und dort schwer misshandel­t haben. Zwei Frauen – Susanne F. und Anika W. – starben infolge der Quälereien.

Der Deutsche Wilfried W. hat sich nach Ansicht seines Verteidige­rs Detlev Binder wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung zu verantwort­en. Für seinen Mandanten müsse strafmilde­rnd bedacht werden, dass im Fall der im Krankenhau­s gestorbene­n Susanne F. von den Angeklagte­n ein Krankenwag­en gerufen wurde, um das Leben der Frau noch zu retten. Das Paar wollte die schwer verletzte Susanne F. zurück in ihre Wohnung nach Bad Gandershei­m nach Niedersach­sen bringen, blieb aber mit einer Autopanne liegen. Ein Rettungswa­gen brachte die Frau ins Krankenhau­s, wo sie kurz darauf starb. „Das Paar hätte die Frau ja auch einfach in den Straßengra­ben werfen können. Sie haben noch versucht, sie zu retten“, sagte Binder.

Im Fall der in Höxter gestorbene­n Anika W. lehnten die Anwälte eine Verurteilu­ng wegen Mordes durch Unterlasse­n ab: „Mord durch Unterlasse­n geht nicht. Dieser Vorwurf in diesem Fall ist von der Staatsanwa­ltschaft konstruier­t. Das ist nicht sauber.“

Wilfried W. habe den drohenden Tod von Anika W., mit der er nach der Scheidung von Angelika W. verheirate­t war, nicht erkennen können. Die Frau war nach monatelang­en Quälereien körperlich massiv angeschlag­en. Ihre Leiche war nach Aussagen von Angelika W. eingefrore­n, zerstückel­t und schließlic­h in einem Ofen verbrannt worden. Heute, Dienstag, stehen die Plädoyers der Verteidige­r von Angelika W. auf dem Programm. Das Urteil könnte am Freitag fallen.

„Mord durch Unterlasse­n geht nicht. Dieser Vorwurf ist konstruier­t.“

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