Ein Riese der Salzburger Kunstgeschichte geht auf die Reise
Das Salzburg Museum verleiht ein Monumentalgemälde von Hans Makart nach Bonn. Der Abbau wird zum Abenteuer.
SALZBURG. „Akkuschrauber, bitte!“, ruft der Chefspediteur in kernigem Tirolerisch. In den heiligen Hallen der Kunst hat am Montag goldenes Handwerk Einzug gehalten. Es gilt, das Gemälde „Der Frühling“von Hans Makart bereit für den Abtransport nach Deutschland zu machen. Die Bundeskunsthalle Bonn hat um die Leihgabe aus Salzburg angefragt. „Wir waren skeptisch, ob sich das ausgeht – sowohl zeitlich als auch bezüglich der Dimensionen“, sagt Chefkurator Peter Husty.
Der passende Zeitpunkt für den Abbau wurde gefunden: Das Salzburg Museum befindet sich in einer Übergangsphase zwischen zwei Ausstellungen. Die Dimensionen des Monumentalwerks hingegen stellen das Museum vor Probleme. Mit 3,60 Meter Höhe und 6,70 Länge passt „Der Frühling“kaum durch eine Tür. Also kann er nur in gerolltem Zustand transportiert werden. Zunächst errichten die Spediteure eine Fläche aus Pressspanplatten, auf die das Gemälde gelegt werden kann. Dann folgt der große Moment: Das Gemälde wird gekippt. Auch Mitarbeiter des Salzburg Museums legen Hand an. Die Restauratorin Elisabeth Scheel führt das Wort. „Das Gemälde wiegt wohl um die 250 Kilo“, schätzt die Expertin. Nun muss das Gemälde abgespannt werden, bevor es am Dienstag auf eine eigens errichtete Vorrichtung aufgerollt wird. „Wir müssen den Bug, der durch die Spannung entstanden ist, wieder plan machen“, erläutert Scheel.
Eineinhalb Stunden nimmt allein das Abhängen des Bildes in Anspruch. Dabei wurden riesige Gemälde Ende des 19. Jahrhunderts für die Tournee geschaffen, erläutert der Makart-Experte Nikolaus Schaffer: „Es war der Sinn und Zweck dieser so genannten Sensationsbilder, dass sie auf Reisen gehen und das investierte Geld wieder einspielen.“
„Der Frühling“aus Hans Makarts Todesjahr 1884 ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Der Malerfürst hat sein letztes Werk auf einer einzigen Leinwand gemalt, was in diesen Dimensionen selten und kostspielig gewesen sein muss.
„Makart ist vor dem Bankrott gestanden und seine Frau hat ihn wohl gezwungen, dieses Bild auf jeden Fall fertigzustellen“, sagt Schaffer.
Das Monumentalwerk war als Teil eines Jahreszeiten-Zyklus geplant, den der gebürtige Salzburger nicht mehr vollenden konnte. Die Inspiration bildete der „Parsifal“: Die nackten Kinderkörper mit Erwachsenengesichtern dürften die Blumenmädchen darstellen, die in Richard Wagners 1882 uraufgeführter Oper den Titelhelden glücklos zu verführen versuchen. Der Wagnerianer Makart habe am Ende seines Lebens sein „hellstes Bild“geschaffen, sagt Schaffer.
Vor dem Abtransport haben am Sonntag viele Salzburger die seltene Möglichkeit genutzt, Makarts „Frühling“zu besichtigen: Das Salzburg Museum zeigte das Bild beim Tag der offenen Tür – erstmals seit 2007. Nach dem Auswärtsspiel in Bonn soll es bei einer Kunstspedition adäquat eingelagert werden.