Bollywood drängt nach Österreich
Herzschmerz in einer für Indien „exotischen“Alpenkulisse ist sehr gefragt: Produzenten aus dem größten Filmland der Welt suchen derzeit in heimischen Gefilden nach passenden Drehorten. Diese müssen nicht nur in Tirol sein.
Bunte Gewänder und schneebedeckte Berge, Tanzszenen, Schießereien und saftige Almlandschaften: Die Alpenrepublik ist zunehmend für die größte Filmindustrie der Welt von Interesse. Nach ersten erfolgreichen Projekten ist derzeit eine hochrangige Bollywood-Delegation auf Österreich-Besuch, um potenzielle Drehorte für künftige Filme zu finden.
„Es gibt hier noch so viele schöne Plätze zu entdecken“, sagt der in Wien aufgewachsene Ishvinder Maddh, Direktor von Robinville, einer Firma, die auf Vernetzung zwischen Indien und Österreich in den Bereichen Film und Tourismus spezialisiert ist. Seit 2002 ist das auf Herz und Schmerz, Romantik und Liebe konzentrierte BollywoodGenre nach Europa übergeschwappt, in Österreich – vor allem in Tirol – wurden bislang rund 90 Filme und Serienteile gedreht. Absolutes Highlight war der Actionfilm „Tiger Zinda Hai“von Yash Raj Films, in dem Bollywood-Superstars wie Salman Khan und Katrina Kaif mitgewirkt haben.
Insgesamt 16 Tage war der Filmtross im Vorjahr in Tirol zu Gast, allein der Titelsong „Dil Diyan Gallan“– er wurde in der Innsbrucker Altstadt gedreht – wurde via YouTube bislang über 370 Millionen Mal gesehen. Und: Über 70 heimische Filmschaffende waren in den Entstehungsprozess des Films eingebunden. Diese Erfolgsstory, die auch eine große regionale Wertschöpfung mit sich bringt, soll nun weitergeschrieben werden. Die von der Außenwirtschaft Austria organisierte Delegationsreise bringt die Filmproduzenten nach Wien, Tirol, in die Steiermark und nach Salzburg (Zell am See). Montagmittag wurden die Inder über mögliche Locations in der Uhrturmstadt informiert, am Nachmittag stand eine Besichtigung der Dachstein-Tauern-Region auf dem Programm.
„Das Medium Film bietet viele Chancen, nicht nur touristisch. Wir hoffen, dass wir bald Filmkulisse einer Bollywood-Produktion werden können“, sagte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl. Den touristischen Aspekt unterstrich auch Ishvinder Maddh: „In Österreich gab es traditionell 160.000 Nächtigungen aus Indien pro Jahr. Seit 2015 ist diese Zahl auf mittlerweile 324.000 angestiegen.“
Schon jetzt setzt der InnsbruckTourismus auf Bollywood-Touren. Ähnlich wie bei „Sound of Music“Rundfahrten in Salzburg können indische Filmfans in einer Ganztagestour jene Schauplätze entdecken, an denen die BollywoodBlockbuster gedreht worden sind. In Zukunft will sich die indische Filmindustrie aber nicht nur auf Tirol konzentrieren, sondern auch in anderen Bundesländern drehen. Erfolgsrezept des umsatzträchtigen Bollywood-Kinos? Es weckt beim Publikum Emotionen, entführt seine Zuseher in Traumwelten. Kurz: Es lässt wie der traditionelle rotweiß-rote Heimatfilm den Alltag kurzzeitig vergessen.
Die Teilnehmer der Delegationsreise suchen bis zum kommenden Samstag Drehorte für einen konkreten Spielfilm, zudem liegen noch mehrere Drehbücher mit guten Realisierungschancen in Österreich in der Schublade. Im vergangenen Jahr wurden in Indien 1986 Spielfilme produziert. Zum Vergleich: In den USA wurden im selben Zeitraum 725 Filme veröffentlicht.
„Graz wäre eine gute Filmkulisse.“ Siegfried Nagl, Grazer Bürgermeister