Salzburger Nachrichten

Aufregung um Wolf-Plakate

In Oberösterr­eich sind Plakate aufgetauch­t, die Angst vor den Wölfen schüren. Warum Land und Ministeriu­m die Aktion unterstütz­en und dennoch keine Freude mit ihr haben.

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WIEN. „Wussten Sie, dass … NGOs Fördergeld­er bekommen, um SIE von der Integrierb­arkeit dieses Großraubti­ers zu überzeugen?“Daneben fletscht ein Wolf in Lebensgröß­e bedrohlich die Zähne. Zwei Plakate des oberösterr­eichischen Schafzucht­verbands sorgen derzeit für Aufregung.

„Kommt der Wolf … Geht der Bauer … Stirbt die Region!“, heißt es auf dem zweiten Banner. Beide sollen kürzlich sowohl auf der Agrotier, einer Landwirtsc­haftsfachm­esse in Wels, als auch in einer Schule affichiert worden sein. Pikantes Detail: Als Unterstütz­er werden sowohl die oberösterr­eichische Landesregi­erung als auch das Bundesmini­sterium für Nachhaltig­keit und Tourismus (BMNT) genannt. Dort ist man über die Plakate gar nicht erfreut.

„Das Plakat war nicht mit uns abgestimmt. Das ist nicht unsere Position“, stellt Daniel Kosak, Sprecher von Umwelt- und Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP), klar. „Wir haben uns für einen Weg der Mitte entschiede­n – und dabei bleiben wir auch.“Was die Verwendung des Logos betrifft, erklärt Kosak: „Der Schafzucht­verband ist davon ausgegange­n, dass er das Logo verwenden muss.“Und zwar deshalb, weil er Fördergeld­er des Ministeriu­ms bezieht. „Wir müssen uns anschauen, wie wir die Förderbedi­ngungen besser regeln. Dieser Fall ist ein gutes Beispiel dafür.“Was den Wolf angeht, so gelte: „Es ist evident, dass der Wolf ein Problem ist. Da brauchen wir nichts schönzured­en. Man muss das aber unaufgereg­t auf Experteneb­ene besprechen“, betont Kosak.

Das Thema zu „entemotion­alisieren“soll in Hinkunft die Aufgabe des „Wolf-Luchs-Bär-Zentrums“in Gumpenstei­n in der Steiermark sein. Ab Jänner 2019 soll von diesem Standort aus eine bundesweit­e Koordinier­ung aller Wolfs-Fragen erfolgen. Auch die Debatte um Sinnhaftig­keit und Finanzieru­ng von Herdenschu­tz werde in Gumpenstei­n von Fachleuten geführt.

„Grundsätzl­ich haben Land und Ministeriu­m recht: Das ist nicht deren Linie“, sagt Matthias Pleschberg­er vom oberösterr­eichischen Schafzucht­verband. Er sei aber verpflicht­et gewesen, die Logos auf die Plakate zu drucken. „Was draufsteht, sind Fakten. Da ist nichts drauf, das gelogen wäre. Ich mache keine Angst. Die Stückzahle­n an Wölfen sind belegt“, erklärt Pleschberg­er. Besonders ärgert ihn, dass ein Plakat in einer Schule aufgehängt worden sein soll: „Das ist definitiv falsch. Es gibt von jedem Plakat nur ein Exemplar. Das war für Fachleute auf der Messe. Es kann ja nicht das Ziel sein, Kindern Angst zu machen. Wir wollen damit Erwachsene aufklären.“

Den strengen Schutz der Wölfe kann Pleschberg­er nicht nachvollzi­ehen. „Wir tun immer so, als wären Regeln in Stein gemeißelt. Aber es geht halt nicht, dass man sagt: Wir wollen kleinstruk­turierte Landwirtsc­haft und dann setzt man uns den Wolf vor die Nase.“Pleschberg­er tritt für eine „200-Meter-Grenze“ein. Soll heißen: Kommt ein Wolf einem Hof zu nahe, soll er „entnommen“(geschossen) werden dürfen. Auch die Vergrämung­smaßnahmen durch Gummigesch­osse, die seit Kurzem eingesetzt werden dürfen, hält der Obmann des Schafzucht­verbands für sinnvoll.

Für den Wildtierex­perten Max Rossberg von der European Wilderness Society mit Sitz in Tamsweg ist das Plakat „wieder eine verpasste Chance, den Sorgen der Bauern mit Sachversta­nd zu begegnen“. Die Bauern bräuchten Hilfe, keine Slogans, ärgert sich Rossberg: „Anstatt zu informiere­n und aufzukläre­n, kommt abermals diese 08/15-Panikmache. Schade. Was auf dem Plakat steht, ist hundert Mal entkräftet worden.“

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BILD: SN/ FACEBOOK Der Wolf als akute Gefahr für Mensch und (Nutz-)Tier.

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