Immo-Blase?
Der Boom auf dem Immobilienmarkt ist davon getrieben, dass Anleger ihr Kapital umschichten. Und auch davon, dass sich viele in Erwartung höherer Zinsen noch mit günstigen Krediten eindecken.
Die Preise fürs Wohnen, ob Eigentumswohnungen, Häuser oder Mieten, scheinen in den Himmel zu wachsen. So sind für neue Eigentumswohnungen Quadratmeterpreise von 5000 Euro aufwärts keine Seltenheit. Nicht nur in Spitzenlagen, sondern generell für Neubauten in Wien oder Salzburg.
Eine kürzlich erfolgte Auswertung von Daten der Statistik Austria zeigt je nach Lage in der Bundeshauptstadt durchschnittliche Wohnungspreise zwischen 3000 und 8000 Euro pro Quadratmeter, dahinter folgen die westlichen Bundesländer Tirol, Vorarlberg und Salzburg (2000 bis 3000 Euro/m2).
Ob es sich um eine Blase handelt, da scheiden sich die Geister. Doch nach Ansicht etlicher Experten unterscheidet sich der aktuelle Zyklus der Immobilienpreise in Österreich an Dynamik und Intensität klar von den Immobilienbooms, wie sie vor der Finanzkrise in den USA, Irland oder Spanien zu beobachten waren.
Keine Blase, sagt die Nationalbank, Österreich sei von einem tiefen Niveau weg gestartet. Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek sieht für Österreich ein „leicht erhöhtes Risiko“in Richtung Immobilienblase. Der Zyklus habe seit 2009 an Dynamik gewonnen und sei 2013 in eine „fundamentale Überbewertung“eingetreten. Von einer krisenhaften Entwicklung könne aber keine Rede sein. Lindernd wirkt auch die steigende Bautätigkeit, damit könnte sich die Angebotslücke im Wohnungsbau langsam schließen.
Das ändert freilich nichts an der hohen – und steigenden – finanziellen Belastung für Haushaltseinkommen. Raiffeisen Research hat die Leistbarkeit von Wohnraum unter die Lupe genommen. Im länger- fristigen Vergleich zwischen Hauspreisen und Einkommen lag Österreich 2017 mit einem Wert von 129 deutlich über dem ausgewogenen Mittelwert von 100. Das ist der höchste Wert der bis 1999 zurückreichenden Aufstellung. Im internationalen Vergleich rangiert Österreich im oberen Bereich, wenn auch nicht ganz an der Spitze. Auf ähnlichem Niveau liegen Großbritannien, Frankreich und die Niederlande, während Wohnraum in Deutschland (87), der Schweiz (103), der Eurozone (108) und auch den USA (98) wesentlich „leistbarer“ist.
Im Verhältnis zum Einkommen noch teurer als in Österreich ist der Kauf eines Hauses demnach in Belgien (139), Schweden (154) und Kanada (152). Dabei gibt es beträchtliche regionale Unterschiede. Besonders hoch ist die Spreizung im Bundesland Salzburg, Grundstücke im Lungau zählen zu den günstigsten, während die Preise in der Stadt zu den höchsten gehören.
Ein Indikator für Blasen ist die exorbitante Überschuldung privater Haushalte zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie. In dieser Hinsicht gibt es merkliche Steigerungen in den Nullerjahren, von etwa 16 auf 28 Prozent um das Jahr 2010. Seither ist diese Quote weitgehend stabil. Die durchschnittliche Verschuldung österreichischer Haushalte für Immobilien liegt konstant zwischen einem Viertel und einem Drittel – deutlich unter den Werten für Deutschland und die Eurozone (36 bis 38 Prozent).
Die Vergabe von Immobilienkrediten stieg in Österreich unmittelbar nach Ausbruch der Finanzkrise deutlich an. Nach einer Entspannung gab es zuletzt auf Monatsbasis wieder Steigerungsraten um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Könnte das ein Vorbote für einen Boom samt Blase sein? Nein, sagen die Raiffeisen-Experten. Für sie handelt es sich um eine vorgezogene Reaktion auf ein erwartetes Ende der Tiefzinspolitik. In Erwartung höherer Leitzinsen decken sich viele noch mit günstigen Krediten ein, besonders gefragt sind Darlehen mit Fixzinsen mit stabilen Sätzen bis zum Laufzeitende.
„Risiko leicht erhöht, aber keine Blase.“ Peter Brezinschek, RBI-Chefanalyst