Putin ist gar nicht so stark
Die Drohkulisse war massiv: In Idlib, dem letzten Rückzugsort des Widerstands gegen Syriens Regime, hatte die russische Armee noch Anfang September die Stellungen der Rebellen bombardiert. Syrische Bodentruppen hatten sich in Stellung gebracht, die Einnahme Idlibs wäre für Präsident Assad ein Erfolg. Vor wenigen Tagen hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die türkische Forderung nach einem Waffenstillstand abgelehnt. Nun aber die überraschende Einigung von Sotschi: Russland und die Türkei sprechen sich für eine „entmilitarisierte Zone“um Idlib aus.
Es ist ein Eingeständnis Putins, das zeigt, wie begrenzt der Spielraum Moskaus in Syrien ist. Eine solche Pufferzone liegt weit mehr im Interesse Moskaus als der Angriff auf die Provinz gegen den erklärten Willen Ankaras. Der Kreml hatte lang daran gearbeitet, die Türkei wie auch den Iran neben sich selbst als wichtigste Akteure in Syrien zu etablieren, ein offener Streit mit den Türken käme da ungelegen. Zudem versucht sich Russland als Friedensstifter zu profilieren und trommelt bereits jetzt für den Wiederaufbau Syriens. Die Bitten bei der internationalen Gemeinschaft um Milliarden von Dollar lassen sich mit einem Blutbad jedoch schlecht untermauern.
Vor allem aber verschafft die schwer errungene Einigung am Schwarzen Meer allen Parteien in Syrien lediglich einen Gewinn an Zeit. Denn der Kompromiss lässt viele Fragen offen. Die wichtigste unter ihnen lautet: Wohin ziehen die radikalen Kämpfer, immerhin 10.000 Bewaffnete? Gehen die Kämpfe weiter? An anderen Brennpunkten, mit anderen Akteuren?