Bernhard trifft Kafka und fährt nach Goldegg
Bei der siebten Ausgabe des Festivals „Verstörungen“geht’s um Dunkles und Unabwendbares.
Gambetti bekommt in Rom Unterricht in deutschsprachiger Literatur und Philosophie. Sein Lehrer Franz-Josef Murau setzt quasi eine Pflichtliste zusammen. Jean Paul, Goethe und Schopenhauer stehen drauf, auch Robert Musil und Hermann Broch. Auch Franz Kafka muss der Schüler lesen. So jedenfalls schreibt es Thomas Bernhard in seiner letzten Roman „Auslöschung“vor. Andere Äußerungen Bernhards über Kafka sind nicht bekannt. Dennoch treffen die beiden – längst Säulenheilige der österreichischen Literatur – in dieser Woche zusammen: in Goldegg, bei der siebten Ausgabe des Festivals „Verstörungen“.
In den ersten vier Jahren drehte sich bei dem Festival alles um ein bestimmtes Werk Thomas Bernhards. „Nach vier Jahren war klar, dass wir das erweitern müssen“, sagt Organisator und Hotelier Sepp Schellhorn. Zu Bernhard wurde jeweils jemand anderer aus der österreichischen Literaturwelt gestellt. Peter Handke und Ingeborg Bachmann waren „zu Gast“. Heuer geht es – unter dem Schlagwort „Schlösser“– um Franz Kafka.
Legendär und Legion seien die Vergleiche zwischen Kafka und Bernhard. Gekreist wird um Fragen: Entziehen sich die Bücher jedem Verständnis? Sind sie durchdrungen und fasziniert vom Dunklen, Unabwendbaren? Zeichnen Kafka und Bernhard die Welt als Gefängnis? Bestehen Gemeinsamkeiten etwa in Bezug auf Krankheit oder Geschlechterverhältnis?
Diesen Fragen könnte man sich auch wissenschaftlich nähern. Das ist aber nicht Sinn des Festes. „Wir machen wissenschaftlichen Bernhard-Veranstaltungen keine Konkurrenz“, sagt Schellhorn. Es gehe darum, „Themen oder Problemstellungen rein über die Literatur, also über Lesungen, auszuleuchten“. Es werden Tagebücher und Briefe ebenso vorgestellt wie Romanausschnitte und Biografien. So sucht Kurator Albert Ostermaier jedes Jahr auch hochkarätige Vorleserinnen und Vorleser für die Texte. Darunter sind heuer Jens Harzer, Peter Lohmeyer und Wiebke Puls. Auch Sven Regener, Romanautor und Sänger der Band „Element of Crime“, kommt. Er wird aus seinen eigenen Bücher lesen und aus Franz Kafkas Roman „Amerika“. Und weil beide Autoren auch einen intensiven Blick auf gesellschaftspolitische Fragen richten, wird auch diskutiert. Zum Thema „Wie löschen wir die Welt aus“wird unter anderem der designierte BurgtheaterChef Martin Kusej mitreden. bef