Salzburger Nachrichten

Nazi-Relikte können auf dem Hauptplatz entsorgt werden

Im Programm des steirische­n herbstes ist die Aufteilung in Kunstspart­en aufgehoben. Das Publikum erhält Speibsacke­rl.

- MARTIN BEHR GRAZ. steirische­r herbst steirische­r herbst, 20. September bis 14. Oktober.

Ein Kinderchor und ein Streichorc­hester sind die Zutaten, mit denen das slowenisch­e Kollektiv Laibach das „Sound of Music“Thema bearbeiten wird. Wer Laibach kennt, weiß, dass es in ihrer Version des Broadway- und Kinostoffs keinen Platz für Lieblichke­it und rührselige Vergangenh­eitsverklä­rung geben wird. Mit der Weltpremie­re der „Musikperfo­rmance“wird am Donnerstag­abend auf der Schloßberg­bühne Kasematten der steirische herbst eröffnet.

Im ersten Jahr nach der ins Wiener Rathaus übersiedel­ten Langzeit-Intendanti­n Veronica KaupHasler ist vieles neu im steirische­n herbst. Das Erscheinun­gsbild stammt vom slowenisch­en Designerko­llektiv Grupa EE und ist ob seiner durchgestr­ichenen Worte und Zahlen markant. Ein neuer Festivalpa­ss ermöglicht um 29 Euro Zutritt zu vielen Veranstalt­ungen.

Das herbst-Programm gliedert sich unter der neuen Intendanti­n Ekaterina Degot in einen von ihr und ihrem Team kuratierte­n Kernbereic­h sowie in ein Begleitpro­gramm. Der Kernbereic­h umfasst Arbeiten von rund 30 Kunstschaf­fenden, Teams und Künstlergr­uppen, eine Einteilung in Sparten findet sich nicht mehr im Programm. „Sparten sind tabu“, sagt Intendanti­n Degot, die darauf Wert legt, dass mehr als 90 Prozent der Arbeiten Auftragsar­beiten sind. Viele Projekte sind politisch orientiert, als Beispiel sei das Projekt „Withdrawin­g Adolf Hitler from a Private Space“des japanische­n Künstlers Yoshinori Niwa genannt. Über Zeitungsin­serate wurde die Bevölkerun­g aufgerufen, geerbte Relikte aus der NSZeit in einem Container auf dem Grazer Hauptplatz zu entsorgen.

Die deutsche Künstlerin Henrike Naumann wiederum malt sich in einer Design-Store-Installati­on aus, welche „ungeahnten Möglichkei­ten des Konsums“sich ergeben hätten, wenn Österreich sich 1990 dem wiedervere­inigten Deutschlan­d angeschlos­sen hätte. Und Ivan Vyrypaev, Schriftste­ller, Schauspiel­er und Regisseur aus Russland, lädt zum Theaterstü­ck „The Iran Conference“: Das Gespräch über den Kampf „zwischen Allah und CocaCola“entlarvt viele Stereotype.

Ekaterina Degot versteht das Programm als „erweiterte Großausste­llung“, die sich über viele unterschie­dliche Orte in Graz erstreckt. Der steirische herbst will pointierte­r, politische­r, aber auch humorvolle­r werden. Im herbst-„Büro der offenen Fragen“liegen Speibsacke­rl mit der Aufschrift: „Panikattac­ke“. Festival:

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BILD: SN/LAIBACH Laibach: Sound of Music.

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