Millionenschwindel mit Diesel
Acht Männer sollen mit ausgeklügeltem System 8,9 Millionen Liter unversteuertes Öl aus Polen importiert und hier als Originaldiesel verkauft haben. Steuerschaden für die Finanz: 3,8 Mill. Euro.
Profimäßig organisierter Steuerschwindel mit Millionenschaden beim Handel mit Treibstoffen: Damit ist die Salzburger Staatsanwältin Herta Stix bestens vertraut. Gut ein halbes Dutzend Anklagen rund um derartige Steuerbetrügereien hat Stix seit 2012 erstellt. Jetzt brachte sie erneut eine massive, 40-seitige Anklage ein – allerdings beim Straflandesgericht Wien. Die Ermittlungen zum konkreten mutmaßlichen Millionenbetrug, der sich gegen acht Männer richtet, gingen von Salzburg aus; da der Steuerschwindel aber vornehmlich in Wien verwirklicht worden sein soll, wird den Männern dort der Prozess gemacht.
Die nun vorliegende, noch nicht rechtskräftige Anklage basiert auf jahrelangen intensiven Ermittlungen von Zoll- und Steuerfahndung. Drei der Angeklagten – aus Serbien stammende Brüder – betrieben in Wien und Umgebung Tankstellen.
Um möglichst billig Treibstoff zu beziehen und ihn auch verhältnismäßig günstig am Markt anbieten zu können, beschloss das Brüdertrio laut Anklage im Herbst 2012, gemeinsam mit einem bereits seit Jahren in der Branche tätigen 40jährigen Flachgauer sowie weiteren Männern, Basisöl aus Polen – von der Konsistenz her Originaldiesel sehr ähnlich – nach Österreich einzuführen. An mehreren Standorten im grenznahen Bereich, später dann in einer Lagerhalle in Wien, wurde das Öl in österreichische Tanklaster umgepumpt. Über drei eigens gegründete Scheinfirmen und gelegte Scheinrechnungen wurde den Abnehmern des „Diesels“dann vorgetäuscht, dass es sich um in Österreich versteuerten Originaldiesel handle. Durch ihr ausgeklügeltes, arbeitsteiliges Vorgehen soll die mutmaßliche Bande zwischen November 2012 und November 2013 fast neun Millionen Liter unversteuertes Basisöl als vermeintlich versteuerten Diesel am Fiskus vorbeigeschleust haben.
324 (!) Lkw-Lieferungen, die nur auf dem (gefälschten) Papier versteuerten Originaldiesel enthielten, wurden letztlich an den Tankstellen der drei angeklagten Brüder und an einer Reihe weiterer Tankstellen verkauft. Der Republik sei durch die Nichtabführung der fälligen Mineralsteuer ein Schaden von 3,8 Millionen Euro entstanden.
Den Ermittlungen zufolge wechselten die Angeklagten – sie sind zwischen 35 und 57 Jahre alt – monatlich ihre Handys samt SIM-Karten. Zudem bedienten sie sich in der internen Kommunikation diverser Decknamen. Nur zwei Angeklagte – ein Ungar (57) und ein Pongauer (54) – zeigten sich im Vorverfahren (teil)geständig. So sagte der Pongauer, der damit beauftragt wurde, gutgläubige Abnehmer für den „Diesel“zu akquirieren, bei einer Vernehmung, dass er „bemerkt“habe, „dass es bei den Geschäften nicht mit rechten Dingen zugeht“. Der Ungar wiederum sagte, es habe ihn verwundert, dass auf den polnischen Frachtpapieren „nicht Diesel draufstand“.
Die Rechtskraft der Anklage vorausgesetzt, erwartet die Männer ein Schöffenprozess wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs. Strafdrohung: ein Jahr bis zu zehn Jahre Haft.
Der mitangeklagte 40-jährige Flachgauer ist im Gegensatz zu den anderen Angeklagten bereits mehrfach einschlägig vorbestraft. Er machte im Vorverfahren keine Angaben. Franz Essl, sein Salzburger Verteidiger, betont: „Die angelasteten Taten liegen sehr lang zurück. Ich konnte die umfangreiche Anklage mit meinem Mandanten noch nicht detailliert besprechen.“