Emmys ohne „Trump-Bashing“
Die 70. Ausgabe der TV-Preise verlief wenig spektakulär. „Game of Thrones“triumphierte.
Was der Filmindustrie ihr Oscar, das ist der Fernsehszene der Emmy. Er wird ebenfalls in Los Angeles vergeben und ist in Europa nicht so geläufig und aufsehenerregend, weil viele Preisträger häufig noch gar nicht im hiesigen TV-Programm vertreten sind. Nur bei mehrjährigen Serien stellt sich beim Publikum der Aha-Effekt ein.
Weitgehend unpolitisch präsentierten sich die Jubiläums-EmmyAwards am Montagabend (Ortszeit) in Los Angeles. Der Versuch, demonstrativ Vielfalt zu beweisen, scheiterte freilich. Eine Tanznummer schon zu Beginn sollte Stars von Minderheiten, die in Film und Fernsehen immer noch unterrepräsentiert sind, herausstellen. Doch in den folgenden drei Stunden machten die Juroren der Television Academy diesem Anspruch einen dicken Strich durch die Rechnung. Es siegten alte – und vorwiegend weiße – Bekannte.
In den Comedykategorien blieb den innovativen schwarzen Formaten „Atlanta“und „Insecure“nur das Nachsehen. Hingegen gewann die melancholische „Marvelous Mrs. Maisel“, historisch angesiedelt in den 1950er-Jahren, neben dem Preis als beste Comedyserie auch jenen für Rachel Brosnahan als Titelheldin, außerdem für Regisseurin und Autorin Amy Sherman-Palladino und Nebendarstellerin Alex Borstein. Die charmante Serie erhielt acht Preise, sie läuft bei Amazon.
Bei den Dramen wurde die Fantasyreihe „Game of Thrones“zum dritten Mal als beste Serie erkoren und „Gnom“Peter Dinklage als bester Nebendarsteller geehrt. Insgesamt erhielt die Sky-/RTL2-Serie neun Auszeichnungen.
Großer Verlierer war Vorjahressieger „The Handmaid’s Tale“: Trotz 20 Nominierungen gab es nur drei Erfolge. Auch der komplexe Sci-FiWestern „Westworld“gewann nach 21 Nominierungen nur vier Preise.
Gewohnt gut lief es für „Saturday Night Live“mit acht Auszeichnungen. Auffällig war die Abwesenheit des derzeit häufigsten unsichtbaren Gasts bei US-Award-Zeremonien: Donald Trump. Einzig Late-NightModeratorin Samantha Bee gönnte sich einen bissigen Seitenhieb und sagte: „Ich schaue gerade immer dieses sehr schockierende dystopische Drama namens ,Die Nachrichten‘. Aber sie müssen wirklich einmal die Hauptrolle neu besetzen.“
Mehr Eindruck hinterließ da schon Regisseur Glenn Weiss. Er gewann einen Preis für die Inszenierung der Oscarverleihung und nutzte seine Dankesrede für einen Heiratsantrag an seine im Publikum sitzende Freundin Jan Svendsen: „Du fragst dich, warum ich dich nicht ,meine Freundin‘ nenne? Ich will dich ,meine Frau‘ nennen.“Sie nahm an, und er gab im Pressegespräch zu, keinen Plan B gehabt zu haben.