Salzburger Nachrichten

Der unwissende, machtlose Bürger

Die Regierung macht sich das Regieren leichter, indem sie uns Untertanen Daten und Fakten vorenthält.

- ANDREAS.KOLLER@SN.AT Andreas Koller

Wie die Dinge ineinander­greifen: Da ist eine Bundesregi­erung, welche die für die Öffentlich­keit bestimmten Informatio­nen und Nachrichte­n in einem Ausmaß steuert wie keine Regierung vor ihr. Da ist ein Innenminis­ter, der intern anweisen lässt, dass bestimmte kritische Medien in Zukunft tunlichst vom ministerie­llen Informatio­nsfluss abgeschnit­ten werden sollen. Da ist ein Bundeskanz­ler, der dem anfragende­n Liste-Pilz-Mandatar Alfred Noll mitteilt, dass das lange geforderte Informatio­nsfreiheit­sgesetz, für das die vorige Regierung bereits einen fertigen Antrag ausgearbei­tet hatte, in dieser Legislatur­periode bestimmt nicht kommen werde.

Einzeln betrachtet ist keine dieser drei Tatsachen geeignet, große Schlagzeil­en zu machen. In ihrer Gesamtheit ergibt sich das Bild einer Regierung, die sich und ihre Behörden vor den Bürgerinne­n und Bürgern in einer Weise abschottet, die einer Demokratie im Grunde nicht zuträglich ist.

Vor allem das Njet der neuen Regierung zum Informatio­nsfreiheit­sgesetz ist ein Rückschlag in den Bemühungen, uns Steuerzahl­er auf kommunikat­ive Augenhöhe mit der Obrigkeit zu bringen. Informatio­nsfreiheit bedeutet, dass Bürger sämtliche Informatio­nen erhalten können, die bei staatliche­n Stellen vorhanden sind. Geheimhalt­ung ist nur noch dann legitim, wenn durch die Informatio­nsweiterga­be Menschen oder die nationale Sicherheit gefährdet wären. In Österreich hingegen regiert das gute alte Amtsgeheim­nis, und das nicht nur im Umfeld der konservati­ven Bundesregi­erung. Die Stadt Wien führte einen Ideenwettb­ewerb zur Verbesseru­ng interner Abläufe durch. Ein Journalist wollte in die gesammelte­n Ideen Einblick nehmen. Abgelehnt! Erst der Verwaltung­sgerichtsh­of erzwang, wie „Der Standard“berichtet, die Öffnung der Akten. Wieder ist es ein Höchstgeri­cht, das den Behörden und vielleicht letzten Endes dem Gesetzgebe­r Beine machen muss.

Doch noch wird die öffentlich­e Szene beherrscht von der „Message Control“der Regierung, der Kickl’schen Info-Sperre gegen unbotmäßig­e Journalist­en und dem fehlenden Informatio­nsfreiheit­sgesetz. Anwalt und Mandatar Noll brachte es im Gespräch mit den SN auf den Punkt: Wie kann eine Regierung, die ständig kundtut, Österreich modernisie­ren zu wollen, in einer derartig antiquiert­en Auffassung von öffentlich­er Kommunikat­ion verharren? Verblüffen­d. Oder auch nicht. Wissen ist Macht – Unwissen hingegen macht machtlose Bürger. Was das Regieren entschiede­n vereinfach­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria