Chinesen auf Europa-Tour
Seit Hallstatt von Touristen überrannt wird, hat speziell das Ansehen der Gäste aus China gelitten. Dabei beginnen sie allmählich anders zu reisen.
SALZBURG, WIEN. Die Zahlen, die von der Österreich Werbung (ÖW) am Montag präsentiert wurden, lassen die Herzen der Tourismusbranche höherschlagen. So manchem Einheimischen, vor allem solchen, die in stark besuchten Städten wie Salzburg leben, könnten sie aber auch Angst machen. Mit im Vorjahr rund 900.000 Ankünften (plus 23 Prozent gegenüber 2016) und 1,3 Millionen Nächtigungen (plus 25 Prozent) ist China Österreichs wichtigster asiatischer Herkunftsmarkt mit dem größten Wachstumspotenzial. Bereits seit 2010 hat sich das Gästevolumen aus China verfünffacht. Und das Wachstum ist noch nicht zu Ende. Prognosen für das Jahr 2025 gehen von weltweit 200 Millionen chinesischen Auslandsreisen aus.
Die Topreiseziele der Chinesen in Österreich sind aktuell Wien, Innsbruck und die Stadt Salzburg. In der Mozartstadt sind die Chinesen sowohl bei den Ankünften (2017 rund 96.000) als auch den Nächtigungen (127.000) auf Platz vier vorgerückt. „Sie spielen mittlerweile in einer Liga mit den Gästen aus England und Italien“, sagt Salzburgs Tourismuschef Bert Brugger. Er versucht, zu relativieren. Die wichtigsten Herkunftsmärkte seien nach wie vor Österreich sowie Deutschland und die USA. Der Eindruck, dass sich massiv viele chinesische Gäste in der Stadt tummelten, täusche. „Manche würden wohl schätzen, dass die Chinesen 20 bis 30 Prozent der jährlichen Nächtigungen in der Stadt ausmachen, in Wahrheit sind es vier Prozent von in Summe drei Millionen“, erklärt Brugger. Freilich, mit Südkorea und Japan erhöhe sich der Anteil auf zehn bis fünfzehn Prozent. „Die Asiaten aber fallen halt mehr auf, weil sie anders aussehen.“Und weil 90 Prozent der chinesischen Gäste nach wie vor in der Gruppe im Bus unterwegs seien – „eigentlich das effizienteste Transportmittel“, so Brugger –, werde ihnen oft unrecht getan. Denn der Bus habe in der Bevölkerung das Image des „Wurstsemmeltourismus – zwei Stunden bleiben, nichts kaufen“. Das aber treffe bei den Chinesen nicht zu, denn die zählten mit täglichen Ausgaben von im Schnitt 220 Euro zu den ausgabefreudigsten Gästen. Im Vergleich: Araber kommen auf rund 300 Euro, Holländer auf 110 Euro pro Tag. Der EU-Durchschnitt bei den touristischen Ausgaben liegt bei 130 bis 140 Euro pro Tag. Das Interesse der chinesischen Touristen liege weniger an der europäischen Kultur, erklärt Brugger, „die wollen die Hotspots sehen und shoppen“. In zehn Tagen würden oft nicht weniger als sechs bis sieben Städte in Europa besucht.
Das könnte sich künftig jedoch ändern, heißt es bei der Österreich Werbung. Denn 94 Prozent der reisenden Chinesen stammen aus Großstädten. Vor allem bei der neuen jungen Zielgruppe aus Schanghai, Peking und dem Perlflussdelta wachse das Interesse an Kultur, Kulinarikund Naturerlebnissen und „Einfach-mal-die-Seele-baumelnLassen“, erklärt der Regionalmanager der ÖW in Asien, Emanuel Lehner-Teliç. Gleichzeitig müsse man sich auf eine weiter wachsende Online-Affinität der mit dem Internet vertrauten Mittelschicht Chinas einstellen. Reisebuchungen, Zahlungen und Urlaubsplanung würden bald überwiegend online und mobil über das Smartphone erledigt. Vor allem die Universal-App WeChat des chinesischen Internetgiganten Tencent mit täglich rund einer Milliarde Usern gewinne an Bedeutung. Über den WeChat-Account, den die Österreich Werbung seit 2014 betreibt, wolle man die Marketingaktivitäten im kommenden Jahr deutlich steigern.
Salzburg-Touristiker Bert Brugger ist überzeugt: „Auf der ganzen Welt werden wir in Zukunft mehr Asien und weniger Amerika spüren.“Und das unabhängig von Wetter und Jahreszeit. Selbst bei einem Aufenthalt in Island im Winter, erzählt Brugger, habe er „Chinesen ohne Ende“erlebt.
„Bustourismus hat schlechtes Image.“Bert Brugger, Salzburg Tourismus