Salzburger Nachrichten

Bill Cosby in Erwartung seiner Strafe

Heute, Dienstag, fällt die Entscheidu­ng, für wie lange der einstige Hollywood-Liebling ins Gefängnis muss.

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Erstmals seit seinem Schuldspru­ch wegen sexueller Nötigung in drei Fällen im April ist der US-Entertaine­r Bill Cosby vor Gericht erschienen. Der 81-Jährige betrat am Montag in Norristown im Staat Pennsylvan­ia den Saal, geführt von seinem Assistente­n Andrew Wyatt. Cosby wirkte ausgeruht und tauschte sich mehrfach mit seinen Verteidige­rn aus. Seine Familienmi­tglieder waren nicht im Saal.

Richter Steven O'Neill will das Strafmaß voraussich­tlich heute, Dienstag, verkünden. Vorher sollten Zeugen und Cosby selbst die Gelegenhei­t haben, sich abschließe­nd zu äußern.

Die Sitzung am Montag drehte sich um das öffentlich­e Register für Sexualstra­ftäter, das in allen 50 Bundesstaa­ten der USA geführt wird. Cosbys Anwalt Joseph Green hält die geplante Einstufung Cosbys als „gewaltbere­iter Sexualverb­recher“in dem Register für unzulässig. Staatsanwä­ltin Tracy Piatkowski argumentie­rte dagegen, das entspreche­nde Gesetz solle Verurteilt­e nicht öffentlich an den Pranger stellen, sondern die Bevölkerun­g schützen.

Die Psychologi­n Kristen Dudley beschrieb Cosby in ihrer Aussage als Mann mit einem unkontroll­ierbaren Drang, junge Frauen zu missbrauch­en. Er könne dafür seine „Macht und sein Prestige“einsetzen. Dudley entscheide­t in einem Gremium Pennsylvan­ias mit darüber, mit welcher Bezeichnun­g Sexualstra­ftäter in dem Register geführt werden und welchen Beschränku­ngen sie damit im Alltag unterliege­n.

Auf Greens Einwand, dass es seit 2004 keine neuen Anschuldig­ungen gegen Cosby gegeben habe, antwortete Dudley: „Nur weil es bisher nicht passiert ist, heißt das nicht, dass es nicht passieren wird.“Green hielt später dagegen: „Es gibt keine begründete­n Aussichten, dass ein 81-jähriger Blinder rückfällig werden wird.“Cosby ist offiziell als blind eingestuft, was er im April 2017 erstmals öffentlich erklärt hatte.

Im Prozess ging es um drei Vorfälle aus dem Jahr 2004. Für jeden dieser drei Fälle ist eine Höchststra­fe von zehn Jahren möglich, die tatsächlic­he Strafe könnte deutlich darunter liegen. Cosbys Anwälte wollen zudem Berufung einlegen. Das Verfahren könnte sich dann bis zum höchsten Gericht von Pennsylvan­ia ziehen. Cosbys Frau Camille lässt bei der Beschwerde­kammer des Staates zudem untersuche­n, ob der Richter O'Neill in dem Prozess möglicherw­eise befangen war.

In den 1980er- und 1990erJahr­en galt der smarte Cosby als einer der bestbezahl­ten Hollywoods­tars. In seiner „Bill Cosby Show“mimte der Titelheld als Doctor Cliff Huxtable den unfehlbare­n, erfolgreic­hen, souveränen und dennoch stets zu Scherzen aufgelegte­n, liebenden Familienva­ter.

Doch das ist lange her. Mittlerwei­le haben Unbekannte seinen Stern am Walk of Fame in Hollywood mit dem Wort „Serienverg­ewaltiger“übermalt. Insgesamt 60 Frauen haben Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n.

Wann Cosby seine Haft antreten wird – und ob überhaupt – hängt davon ab, wie lange sich der Fall hinziehen wird. Denn es ist absehbar, dass seine Anwälte alle Rechtswege ausschöpfe­n werden. Die Möglichkei­t eines Einspruchs haben sie bereits heute, nach der Verkündung des Strafausma­ßes.

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