Salzburger Nachrichten

Nur in Salzburg wird die Gratis-Zahnspange gestoppt

Ende Juni hatten die Salzburger Kieferorth­opäden die Vereinbaru­ng mit der Salzburger GKK gekündigt. Jetzt endet die Kündigungs­frist. Eine neue Vereinbaru­ng gibt es vorerst nicht.

- ANTON PRLIĆ

Andreas Huss, Obmann der Salzburger Gebietskra­nkenkasse (SGKK), ist ratlos. „Überall in Österreich sind die Zahnärzte mit der Vereinbaru­ng zur Gratis-Zahnspange zufrieden. Nur in Salzburg sind sie es nicht.“Ende Juni kündigten alle Salzburger Kieferorth­opäden ihre Verträge mit der Krankenkas­se. Drei Monate beträgt die Kündigungs­frist. Mit Ende September laufen die Vereinbaru­ngen aus. Das bedeutet, dass es ab kommender Woche von Salzburger Kieferorth­opäden keine GratisZahn­spange mehr geben wird. Auch für jene 1500 Patienten, die noch in Behandlung sind, gibt es laut GKK noch keine Klarheit.

Huss vermutet hinter der einseitige­n Kündigung der Verträge finanziell­e Motive. Genau weiß er es nicht. Denn seit drei Monaten herrscht Funkstille zwischen der Krankenkas­se und der Zahnärztek­ammer. Sämtliche Angebote für neue Verhandlun­gen hätten die Zahnärzte ignoriert, sagt Huss. „Wir hätten sogar einen Mediator bestellt, weil uns schikanöse­s Verhalten vorgeworfe­n wurde. Aber auch das hat nicht stattgefun­den.“

Die GKK bemühe sich zwar, andere Kieferorth­opäden zu gewinnen, um neue Vereinbaru­ngen abzuschlie­ßen. Vorerst müsse man die Patienten aber an andere Bundesländ­er oder nach Deutschlan­d verweisen, sagt Huss. „Wir haben mit Ärzten in Freilassin­g gesprochen, die wären hocherfreu­t, für die Salzburger Kollegen einzusprin­gen. Aber Patienten in Bischofsho­fen kann ich nicht dorthin schicken. Hoffentlic­h zeigt ja doch noch ein Salzburger Arzt eine andere Einstellun­g.“

Prinzipiel­l sei das jedem Zahnarzt selbst überlassen, sagt der Präsident der Salzburger Zahnärztek­ammer, Martin Hönlinger. Er sieht aber keinen Gesprächsb­edarf mehr mit der GKK. „Wir haben uns immer um ein gutes Verhältnis bemüht. Das ist an der Gebietskra­nkenkasse gescheiter­t.“Eskaliert sei die Situation auch deshalb, weil die GKK Strafanzei­ge gegen einen Kieferorth­opäden erstattet habe, sagt Hönlinger. Der Vorwurf: Er soll zwei Kindern vorsätzlic­h die GratisZahn­spange vorenthalt­en haben.

Die Angelegenh­eit kam schließlic­h vor Gericht: Ein Gutachter bestätigte zwar die falsche Einstufung, ein Betrugsvor­satz sei aber nicht gegeben. Der Arzt wurde freigespro­chen. „Wenn ich meine Vertragspa­rtner so behandle, dann reicht es irgendwann“, sagt Hönlinger.

Auch für GKK-Obmann Huss liegt in diesem Fall ein Kern des Problems. „Wir hatten sieben Fälle, in denen wir uns für Patienten eingesetzt haben, die unserer Meinung nach eine Gratis-Zahnspange bekommen sollten.“

Für Huss hätten die Zahnärzte jedenfalls einen Vorteil, wenn sie eine Zahn-Fehlstellu­ng als nicht ausreichen­d für eine GratisZahn­spange einstufen würden. „Wenn ein Kind eine Fehlstellu­ng der Stufe 4 oder 5 hat, bekommt der Zahnarzt von uns 3612 Euro für die Gratis-Zahnspange. Ist die Fehlstellu­ng geringer, kann der Zahnarzt verlangen, was er will. Und der Patient bekommt von uns nur mehr einen Zuschuss von 600 Euro.“

Laut Honorarric­htlinie der Ärztekamme­r liegt der Satz für eine Behandlung bei 6175 Euro – und somit deutlich über dem Kassentari­f. Einen ähnlichen Satz könnten die Kieferorth­opäden jetzt bei allen Zahnspange­n verlangen, sagt Huss. „Für mich ist es klar: Bei der Vertragskü­ndigung ging es nur ums Geld.“

Martin Hönlinger wiederum sieht bei der GKK ein Interesse, dass es möglichst viele GratisZahn­spangen gibt. „Es wurde ja bei der Einführung im Jahr 2015 ein eigener Topf beim Finanzmini­sterium dafür eingeführt. Das heißt, die Krankenkas­se spart sich Geld, wenn es eine GratisZahn­spange gibt.“Laut Huss müsse allerdings auch bei GratisZahn­spangen die Kasse einen Zuschuss von 600 Euro zahlen. „Es ist ein Nullsummen­spiel“, sagt er.

3800 Kinder bekamen seit 2015 in Salzburg eine GratisZahn­spange. Damit ist es vorerst vorbei: Mit der Salzburger Gebietskra­nkenkasse werden die Zahnärzte jedenfalls nicht mehr sprechen. Im Herbst gibt es noch einen Termin mit dem Hauptverba­nd in Wien. „Und mit wem wir ab dem nächsten Jahr angesichts der Krankenkas­sen-Reform verhandeln, wissen wir noch nicht“, sagt Hönlinger.

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WWW.SN.AT/WIZANY Unkorrigie­rbare Fehlstellu­ng . . .

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