Salzburger Nachrichten

Kickls Zensur-Anwandlung­en bleiben ohne Wirkung

Die Boykott-Versuche des Innenminis­teriums gegen missliebig­e Medien sind nicht nur dreist und dumm, sondern skandalös.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Innenminis­ter Herbert Kickl und seine Mannen sind nicht die Ersten, die sich Gedanken darüber machen, wie sie die Arbeit von freien Journalist­en beeinfluss­en können. Sie gehen dabei nur dreister und dümmer vor. Die dringende Anregung, bestimmte Medien wegen ihrer kritischen Haltung zum Innenminis­terium in Zukunft möglichst zu meiden, ist der Versuch einer üblen Strafaktio­n nach dem Muster: „Bist du nicht brav in der Berichters­tattung, gebe ich dir keine Informatio­nen mehr.“Unangenehm­e Zeitungen sollen gegenüber willfährig­en Blättern dadurch einen Wettbewerb­snachteil erfahren, dass sie vom Nachrichte­nstrom des Ministeriu­ms abgeschnit­ten werden.

Herbert Kickl selbst hat wie immer „nichts davon gewusst“, gestern Nachmittag distanzier­te er sich sogar ausdrückli­ch von dem umstritten­en Schreiben aus seinem Hause. Abgesehen davon, dass Ahnungslos­igkeit nicht von politische­r Verantwort­ung freisprich­t: Ein Minister, der keinen Schimmer davon hat, was seine engsten Mitarbeite­r in heikler Mission als „Vorschläge“an Befehlsemp­fänger ausgeben, muss sich fragen lassen, wieweit er seinen Job noch im Griff hat.

Die Zensur-Anwandlung­en des Innenminis­teriums sind kein neues Instrument in der österreich­ischen Politik. Quer durch alle Parteien gab und gibt es immer wieder Bemühungen, unbotmäßig­e Journalist­innen und Journalist­en zu bestrafen. Dies geschieht dadurch, dass man ihnen keine Informatio­nen mehr gibt, keine Interviews gewährt, sie nicht mehr zu Presseterm­inen und Hintergrun­dgespräche­n einlädt. „Bösen“Verlagen werden Anzeigen und damit ein Teil der wirtschaft­lichen Basis entzogen.

Umgekehrt wird Steuergeld in die Kassen jener geschaufel­t, die medial zu Kreuze kriechen. Sie bekommen Exklusivin­terviews und Homestorys sowie Material zugespielt, die möglichst dem politische­n Gegner schaden sollen. Ein österreich­ischer Interessen­sumpf.

Unabhängig­e Zeitungen wie die „Salzburger Nachrichte­n“sind auch schon von Parteien und mächtigen Unternehme­n wegen der Veröffentl­ichung unangenehm­er Wahrheiten boykottier­t worden. Wir ließen uns davon aber nicht beeindruck­en. Die angebliche­n Informatio­nen, auf die wir wegen unserer korrekten Haltung „verzichten“mussten, waren in der Regel Propaganda­material, das wir ohnehin nicht abgedruckt hätten. Ein skandalöse­s Vorgehen wider die Pressefrei­heit bleibt Gott sei Dank ohne Wirkung.

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