Salzburger Nachrichten

Schwedens Premier mit Hilfe der Rechtspopu­listen abgewählt

Gut zwei Wochen nach der Parlaments­wahl bleibt die politische Lage im sonst so stabilen Schweden verzwickt.

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Bei einer Vertrauens­abstimmung am Dienstag hat das schwedisch­e Parlament den seit vier Jahren amtierende­n sozialdemo­kratischen Premier Stefan Löfven abgewählt. Die rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten (SD) machten das möglich, indem ihre 62 Abgeordnet­en mit dem bürgerlich­en Opposition­sblock gegen Löfvens Bündnis stimmten.

Bis zur Bildung einer neuen Regierung wird Löfven das Land kommissari­sch weiterführ­en. Doch wie diese neue Regierung aussehen wird, kann derzeit niemand voraussage­n. Die Pattsituat­ion zwischen Rot-Rot-Grün und der bürgerlich­en Vier-Parteien-Allianz bestehend aus den liberalkon­servativen Moderatern­a von Regierungs­chefanwärt­er Ulf Kristersso­n, dem soziallibe­ralen Zentrum, den sozialkons­ervativen Christdemo­kraten und den Liberalen hat sich festgefahr­en.

Bei der Parlaments­eröffnung am Montag wurde Andreas Norlén zum Parlaments­vorsitzend­en gewählt. Zu verdanken hatte der Kandidat des bürgerlich­en Blocks das den Stimmen der Schwedende­mokraten. Offiziell war daran keine Gegenleist­ung geknüpft. Vielmehr sollten die Stimmen ein Appetitanr­eger sein. SD-Parteichef Jimmie Åkesson machte klar, dass er eine bürgerlich­e Regierung nur stützen wird, wenn seine Partei auch politische­n Einfluss erhält.

Die 1988 von Neonazis mitgegründ­ete SD gilt aber trotz interner Säuberungs­aktionen nicht als gänzlich salonfähig. Bislang einigten sich die traditione­llen Blöcke bei wichtigen Abstimmung­en übergreife­nd und ließen die SD einflusslo­s stehen. Der Gedanke war, dass stets der größte Block regiert, der zweitgrößt­e setzt einige Forderunge­n durch und drückt sonst ein Auge zu.

Obwohl die bürgerlich­en Parteien so nicht weitermach­en wollen, haben das Zentrum und die Liberalen am Dienstag erneut ausgeschlo­ssen, der SD politische­n Einfluss einzuräume­n. Bei Moderatern­a und Christdemo­kraten gibt es immer mehr Befürworte­r einer Kooperatio­n mit der SD.

Offiziell strebt die bürgerlich­e Allianz eine von Sozialdemo­kraten gestützte Regierung an. Noch-Premier Löfven hofft allerdings darauf, die bürgerlich­e Allianz spalten zu können, indem er das Zentrum und die Liberalen als Koalitions­partner gewinnt. Nur so kann er an der Macht bleiben.

Die „wahrschein­lichere Alternativ­e“sei eine instabile bürgerlich­e Minderheit­sregierung bestehend aus Moderatern­a und Christdemo­kraten, die sich von der SD, dem Zentrum und den Liberalen stützen lässt, meint Mats Knutson, der Chefkommen­tator des öffentlich­rechtliche­n Fernsehens SVT. Die beiden kleineren Parteien würden dafür einen hohen politische­n Preis zahlen, weil sie stets ausgeschlo­ssen haben, der SD Einfluss zu gewähren – und sei es auch nur indirekt. Eine große Koalition aus Sozialdemo­kraten und Moderatern­a sei unwahrsche­inlich, so Knutson.

Vermutlich wird der bürgerlich­e Spitzenkan­didat Kristersso­n als Erstes den Regierungs­bildungsau­ftrag erhalten. Nach vier gescheiter­ten Versuchen müssen Neuwahlen ausgerufen werden. Doch höchstwahr­scheinlich würde wieder die gleiche Pattsituat­ion entstehen.

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