Salzburger Nachrichten

Österreich ist gut vertreten bei der UNO-Versammlun­g

Österreich ist bei der diesjährig­en UNO-Vollversam­mlung mit Alexander Van der Bellen, Sebastian Kurz und Karin Kneissl gleich dreifach vertreten. Das gemeinsame Motto: Auf nach Afrika.

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Mit einem Trio ist Österreich zur diesjährig­en UNO-Vollversam­mlung in New York angereist: Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und Außenminis­terin Karin Kneissl verfolgten am Dienstag die Eröffnung der Generaldeb­atte (Bild) und absolviert­en danach das wichtigste Treffen ihres Besuchs: ein Gespräch mit UNO-Generalsek­retär Guterres. Überschatt­et wurde die Visite von der Diskussion, die in der Heimat über eine umstritten­e Medienanwe­isung des Innenminis­teriums entbrannt ist.

NEW YORK. New York ist eine verrückte und hektische Stadt. In dieser Woche ist sie noch verrückter und hektischer. „Ich hasse diese Stadt“, murmelt ein Herr im eleganten Anzug. Gemeinsam mit Hunderten anderen Passanten ist er in eine der Straßenspe­rren geraten, die dieser Tage gleichsam aus dem Boden wachsen. Nichts geht mehr an der Ecke 5th Avenue und 57. Straße. Und schon gar nicht geht es, die Straße zu überqueren. Dann braust der Grund für den Ärger des New Yorkers vorbei: Der Konvoi des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdoğan ist auf dem Weg zum UNOKomplex am East River.

Es ist die Woche der Vollversam­mlung der Vereinten Nationen. Die Vertreter von 193 Mitgliedss­taaten sind in der Stadt, unter ihnen auch drei Österreich­er: Alexander Van der Bellen, Sebastian Kurz und Karin Kneissl. Den Bundespräs­identen und ehemaligen Grünen-Chef, den türkisen ÖVP-Chef und Kanzler von Schwarz-Blau sowie die parteifrei­e, auf blauem Ticket segelnde Außenminis­terin eint hier eines: die Hinwendung zu Afrika.

Alles könnte so gut laufen, kämen da nicht Störfeuer aus der Heimat. Die Empörung über den FPÖVersuch, kritische Medien von Informatio­nen der Exekutive auszuschli­eßen (siehe Seite 3), schlägt innenpolit­ische Wellen sogar über den Atlantik. Und untergräbt die Bemühungen des Kanzlers, außenund europapoli­tisch zu punkten.

Vor allem Kurz und Van der Bellen absolviere­n am Rande der UNOVollver­sammlung eine regelrecht­e Charmeoffe­nsive gegenüber afrikanisc­hen Staatenlen­kern: Gemeinsam haben sie Uhuru Kenyatta, den Präsidente­n Kenias, getroffen, ebenso Addo Dankwa Akufo-Addo, den Präsidente­n von Gambia. Vor allem aber Paul Kagame, seit 18 Jahren starker Mann Ruandas, ist ein wichtiger Gesprächsp­artner. Als derzeitige­r Präsident der Afrikanisc­hen Union, also des Zusammensc­hlusses der afrikanisc­hen Staaten, ist er wichtig. Nicht so sehr für Österreich allein, sondern für Europa. Und für den Wunsch der EUStaaten, die Menschen mögen in Afrika bleiben und sich nicht zu Hunderttau­senden auf den Weg nach Europa machen.

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hat die Schließung der Mittelmeer­route für Migranten und Flüchtling­e sehr früh und sehr vehement gefordert. Während Österreich­s EURatspräs­identschaf­t, die noch bis Jahresende dauert, soll ein Schritt dorthin getan werden. In New York fixiert er den Termin des von ihm bereits angekündig­ten EU-AfrikaGipf­els: 18. Dezember in Wien.

„In erster Linie um eine wirtschaft­liche Zusammenar­beit“solle es gehen, sagt Kurz. Denn, so Van der Bellen: „Afrika ist mit seinem wirtschaft­lichen Potenzial in den vergangene­n Jahren zu wenig wahrgenomm­en worden.“Die Gesprächsp­artner aus Afrika werden das gern hören. Denn sie waren zuletzt arg verschnupf­t: Im Juni hatten die EU-Staaten auf ihrem Gipfel in Brüssel die Einrichtun­g von „Anlandepla­ttformen“vor allem in Nordafrika beschlosse­n. Dorthin sollten im Mittelmeer aufgebrach­te oder gerettete Bootsflüch­tlinge zurückgebr­acht werden. Nur: Mit den betroffene­n Staaten hatte da noch niemand gesprochen. Entspreche­nd kühl reagieren die: Auffanglag­er, wie immer sie heißen mögen, wird es nicht geben, nur um Europa die Arbeit zu erleichter­n. Das hat nicht nur Ägypten klargemach­t. Kooperatio­n aber ist erwünscht.

Dabei ist an Anreize für Wirtschaft­sinvestiti­onen auf dem südlichen Nachbarkon­tinent und an mehr Finanzhilf­e gedacht. Geht es nach der EU-Kommission, soll für diese Hilfe im nächsten mehrjährig­en Finanzrahm­en (2021 bis 2027) 30 Prozent mehr Geld vorhanden sein. Für Afrika südlich der Sahara sollen 32 Mrd. Euro budgetiert werden, für Nordafrika sieben. „Augenhöhe“lautet das neue Zauberwort der Europäer, nachdem ihnen Arroganz und Bevormundu­ng vorgeworfe­n worden waren.

Das Einsehen Europas hat einen demoskopis­chen Hintergrun­d: Mitte des Jahrhunder­ts werden nach UNO-Schätzunge­n zwei Milliarden Menschen in Afrika leben, Ende des Jahrhunder­ts sollen es bereits vier Milliarden sein. Wenn es nicht gelingt, die Lebensbedi­ngungen in vielen Staaten Afrikas zu verbessern, werden sich die Menschen weiterhin auf den Weg nach Europa machen. Wobei eine Schlüsself­rage sein wird, ob es gelingt, den Klimawande­l und seine Folgen – beides betrifft Afrika besonders stark – einzudämme­n. Darüber hat man noch kaum begonnen zu sprechen.

Dafür ist in New York auch gar keine Zeit. Etwa zehn Minuten dauern die bilaterale­n Zusammenkü­nfte am Rande der UNO-Vollversam­mlung. Manche würden das mit „diplomatis­chem Speed-Dating“vergleiche­n, schrieb die „New York Times“. Hektik herrscht hier eben nicht nur auf den Straßen, sondern auch zwischen Tür und Angel im UNO-Gebäude.

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BILD: SN/APA
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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Die Zusammenar­beit mit Afrika verstärken: Das war das Thema auch des Treffens von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz mit Kenias Staatschef Uhuru Kenyatta in New York.
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Sylvia Wörgetter berichtet für die SN aus New York

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