Vorsicht vor dem optimalen Kind!
Eltern prügeln sich auf dem Fußballplatz oder bedrohen Lehrer. Das Streben nach Erfolg fürs eigene Kind führt schnurstracks auf Irrwege.
Sich prügelnde Eltern auf dem Fußballplatz mögen Einzelfälle sein, doch aggressive Eltern, die Kinder der gegnerischen Mannschaft oder selbst des eigenen Teams beschimpfen, sind jedes Wochenende auf Österreichs Fußballplätzen Alltag. Das Problem wird meist tabuisiert oder unter den friedvolleren Eltern diskutiert. Dass Vereine verstärkt dieses Thema angehen, zeigt Ausmaß und Brisanz der Entwicklung.
Schauplatzwechsel: Eltern setzen Lehrer teils mit Drohungen unter Druck, damit ihre Kinder bessere Noten bekommen, weil diese sonst in ihrer schulischen und beruflichen Entwicklung behindert werden könnten. Und Eltern fragen ernsthaft um Erlaubnis, mit dem Auto in den Schulhof fahren zu dürfen, damit ihr Kind nur ja sicher in die Schule kommt.
Aggression oder übertriebenes Umsorgen entspringen hier dem gleichen Ursprung beziehungsweise ergänzen einander: Eltern setzen sich überaktiv für den Erfolg ihres Kindes ein. Da ist jedes Mittel recht. In Sportvereinen sind es verbale oder sogar körperliche Attacken, in der Schule werden Lehrer vernadert oder Juristen gegen sie eingesetzt. Elternabende entwickeln sich nicht selten zu Tribunalen gegen Pädagogen, andere Schüler oder Eltern.
Väter und Mütter behüten und überfordern ihre Kinder in einem Ausmaß, dass sie ein Leben lang unter Unselbstständigkeit und Versagensängsten leiden. Denn das Maß ist bei vielen verloren gegangen. So wie im Internet gehetzt und gelogen wird, Menschen mit anderer Meinung immer seltener Argumenten zugänglich sind, sondern nur mehr mit Aggression oder Verschwörungstheorien antworten können, legen Eltern eine völlig übertriebene Erziehungsarbeit an den Tag. Ihr Blickwinkel ist verengt, ihr Kind der Mittelpunkt der Welt. Besser gesagt eine optimale Version ihres Kindes wird ins Zentrum des Interesses gestellt. Es geht ausschließlich um Leistung, damit die Kleinen nur ja gut genug für unsere Leistungsgesellschaft gerüstet sind. Dafür müssen schon die Jüngsten optimiert werden und alles rundherum gleich mit. Ein verlorenes Fußballspiel oder ein Zweier in Mathematik wird da schnell zur schicksalentscheidenden Niederlage. Das ist eine fatale Entwicklung: für jedes einzelne Kind und für die gesamte Gesellschaft. Denn aus derart erzogenen Kindern werden nicht jene Erwachsene, die für eine gute Zukunft sorgen können. Was helfen würde: mehr Gelassenheit in der Erziehung und das Leben stärker wirken lassen als eigene Vorstellungen. Dafür braucht es ein bisschen Hausverstand, Vertrauen und Gefühl.