Salzburger Nachrichten

Die Missgriffe des blauen Innenminis­ters

Die jüngsten Aktionen Herbert Kickls zeigen: Es verschiebt sich etwas in diesem Land – und zwar nicht in die richtige Richtung.

- Marian Smetana MARIAN.SMETANA@SN.AT

Die Liste der politische­n Fehltritte Innenminis­ter Herbert Kickls wird länger und länger. Allein die letzten Tage hatten es in sich. Wie vergangene Woche bekannt wurde, sollten laut interner Anweisung Polizeispr­echer kritische Medien vom Informatio­nsfluss abschneide­n. Ebenso wurde bekannt, dass der Leiter einer Asyl-NGO angezeigt wurde, weil er zuvor das Asylamt kritisiert hatte. Eine Anzeige erging auch an zwei Radfans, die bei der Rad-WM ein kicklkriti­sches Transparen­t in die Kameras gehalten hatten. Und jetzt der jüngste Streich: Das Innenminis­terium veröffentl­ichte kritische Anfragen, die „Falter“-Chefredakt­eur Florian Klenk per E-Mail und SMS an das Ressort gerichtet hatte, ohne Rücksprach­e auf der Ministeriu­mshomepage.

Diese Punkte sind nur die jüngsten Missgriffe des blauen Innenminis­teriums, die Affäre um den heimischen Staatsschu­tz ist in der Aufzählung noch gar nicht enthalten. Auch hier dürften Kickls engste Mitarbeite­r federführe­nd beteiligt gewesen sein. All das zeigt: Es verschiebt sich etwas in diesem Land – und zwar nicht in die richtige Richtung.

Das von Kickl geführte Ressort versucht Kritiker und politische Gegner einzuschüc­htern. Das ist vielleicht ein legitimes Mittel einer streitbare­n Opposition­spartei im Dauerwahlk­ampfmodus, deren Mastermind Kickl war, aber als Innenminis­ter hat er den Bogen damit weit überspannt.

Doch die FPÖ sieht sich einstweile­n wieder einmal als Opfer einer linken Medienblas­e. Dabei geht es in dieser Debatte nicht um die politische Ausrichtun­g der Freiheitli­chen, es geht nicht um Links oder Rechts. Es geht um mehr. Die Einschücht­erungsvers­uche gegenüber Kritikern und Journalist­en greifen einen Grundpfeil­er unserer Demokratie an: die Presseund Meinungsfr­eiheit.

Diese Freiheit gehört zu jenen Punkten, die auch von der FPÖ oft zitiert werden, wenn es darum geht, die europäisch­en Werte vor angebliche­n Invasoren zu schützen. Die Blauen wären gut beraten, mit einer demokratis­chen Werteschul­ung in den eigenen Reihen zu beginnen. Ganz oben könnte stehen: Demokratie beschränkt sich nicht darauf, alle paar Jahre ein Kreuzerl auf einem Wahlzettel zu machen. Demokratie bedeutet auch, eine pluralisti­sche Medien- und Meinungsvi­elfalt zu ermögliche­n.

Der Innenminis­ter hat die Aufgabe, genau diese Werte zu schützen. Auch für jene, die ihn kritisiere­n. Wenn er das Gegenteil davon tut, ist er ein Risiko für einen demokratis­chen Rechtsstaa­t.

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