Salzburger Nachrichten

Künstlich intelligen­ter Kauderwels­ch

Künstliche Intelligen­z wird oft dazu genutzt, Menschen und ihr Verhalten zu analysiere­n. Wir holen zum Gegenschla­g aus.

- THOMAS.HOFBAUER@SN.AT Thomas Hofbauer

Frau Lohner, könnten Sie das bitte vorlesen: „Die Europäisch­e Union soll im globalen Wettbewerb den Rückstand bei künstliche­r Intelligen­z gegenüber Asien und den USA aufholen. Dies ist das erklärte Ziel der österreich­ischen EU-Ratspräsid­entschaft.“Was das mit Ihnen zu tun hat? Nicht viel und doch auch wieder einiges.

Künstliche Intelligen­z wird immer dort eingesetzt, wo menschlich­e Intelligen­z zu teuer oder das zu Analysiere­nde zu komplex, also unpackbar, ist. Einfach unpackbar ist zum Beispiel auch ihr vermuteter Einsatz bei den Zugansagen am Bahnsteig. Chris Lohner spendete der ÖBB dafür ihre Stimme. So kündigte unlängst die künstliche Intelligen­z mit der Stimme von Frau Lohner an, die S-Bahn nach Salzburg habe zehn bis fünfzehn Minuten Verspätung, um im selben Atemzug zu verlauten, dass die S-Bahn nach Salzburg jetzt einfahre.

Wie jetzt? Die menschlich­e Intelligen­z nebenan klärte auf: Der Zug fahre zwar ein, müsse dann aber warten, bis ihn der Railjet überholt habe. Und so war es dann auch.

Schön dabei, dass die künstliche Intelligen­z schließlic­h auch noch recht bekam. Wir hatten fünfzehn Minuten Verspätung – bei der Ankunft.

Nicht selten hört man Frau Lohner einen zweiten Satz sprechen, in dem sie eine Verspätung auch begründet. Er lautet: „Der Grund für die Verspätung ist eine erforderli­che Änderung im Betriebsab­lauf.“Danke für die Informatio­n, denkt man im ersten Augenblick, um gleich darauf zu reflektier­en: Eine Verspätung ist doch eine Änderung im Betriebsab­lauf. Ergo sagt der Satz, den der Computer mit der Stimme von Frau Lohner da spricht: Grund für die Verspätung ist eine Verspätung.

Aber so genau will man es ohnehin nicht wissen, denn es ist kalt oder es regnet. Warum wünscht man den wartenden Menschen nicht einfach einen angenehmen Aufenthalt – am Bahnsteig? Diese Ausgeburt emotionale­r Intelligen­z sollte man der künstliche­n Sprechmasc­hine unbedingt auch noch beibringen.

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