Salzburger Nachrichten

Jedes zweite Kind weltweit wird seiner Chancen beraubt

Die Weltbank schlägt Alarm: 56 Prozent aller Kinder verlieren wegen schlechter Gesundheit und fehlender Bildung mehr als die Hälfte ihres potenziell­en Lebenseink­ommens.

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Die Weltbank, die Entwicklun­gsländer dabei unterstütz­t, der Armut zu entkommen, meldet sich mit einem verstörend­en Befund zu Wort. Der am Donnerstag bei ihrer Jahrestagu­ng präsentier­te Human Capital Index zeigt, dass 56 Prozent aller Kinder keine Chance auf ein langes Leben sowie auf das potenziell mögliche Einkommen haben. Die Gründe liegen laut Weltbank in zu geringen Ausgaben vieler Länder für Gesundheit und Bildung. Der Index setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen, wie der Überlebens­wahrschein­lichkeit bis zum Schuleintr­itt, den bis zum Alter von 18 Jahren verbrachte­n Schuljahre­n oder der Chance der 15-Jährigen, das 60. Lebensjahr zu erreichen. Der HCI kann zwischen 0 und 1 (Bestwert) liegen. Spitzenrei­ter ist Singapur (0,88) vor Südkorea und Japan. Finnland (0,81) nimmt Platz fünf ein, Österreich (0,79) liegt mit Deutschlan­d und Slowenien auf Rang elf. 26 Länder am Ende der Skala, davon 21 in Afrika, weisen Werte unter 0,4 auf. Das bedeutet, dass sie weniger als 40 Prozent des Wohlstands­po- tenzials ihrer Kinder ausschöpfe­n. Das beeinträch­tigt nicht nur deren persönlich­es Fortkommen, es wirkt sich langfristi­g auch negativ auf die wirtschaft­liche Wettbewerb­sfähigkeit der jeweiligen Länder aus. Werte unter 0,5 bedeuten auf 50 Jahre hochgerech­net laut Weltbank einen Verlust von 1,4 Prozent Wirtschaft­swachstum pro Jahr.

Die Justizmini­ster der 28 EU-Staaten haben sich am Donnerstag in Luxemburg auf einen gemeinsame­n Standpunkt zur sogenannte­n Insolvenzr­ichtlinie geeinigt. Diese sieht vor, dass Unternehme­n, die wirtschaft­lich ins Trudeln geraten, aber noch lebensfähi­g sind, sich einerseits leichter restruktur­ieren können und anderersei­ts nach einer Insolvenz „eine zweite Chance“erhalten.

Dadurch „schaffen wir Arbeitsplä­tze“, erklärte Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) in seiner Rolle als EU-Ratspräsid­ent. Immerhin komme es jährlich zu 200.000 Insolvenze­n in der EU, wodurch 1,7 Millionen Menschen ihre Jobs verlören. Daher unterstütz­e der Rat diese neue Gesetzgebu­ng, „mit Adaptionen, um sicherzust­ellen, dass auch die bereits existieren­den und gut funktionie­renden Systeme in den Mitgliedss­taaten berücksich­tigt werden“.

Unter anderem ist daran gedacht, Schuldnern in einer ersten Phase maximal vier Monate Zeit zu Verhandlun­gen mit ihren Gläubigern einzuräume­n, während der die Gerichte nicht tätig werden.

Die Insolvenzr­ichtlinie war 2016 von der Kommission vorgeschla­gen worden. Die Mitgliedss­taaten sollen jedoch größere Flexibilit­ät bei den Regelungen erhalten als von der Kommission vorgesehen. Nun wird mit dem EU-Parlament verhandelt. Justizmini­ster Moser sagte, er sei optimistis­ch, dass dieses noch in diesem Jahr grünes Licht für die Richtlinie geben könne.

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