BVT: Extremismus-Ermittlerin sollte ihren Posten räumen
In der BVT-Affäre beschreibt eine der wichtigsten Staatsschützerinnen die umstrittene Razzia beim Verfassungsschutz als „Tag X“und erzählt von Sicherheitslücken und Drohgebärden.
Es waren drastische Worte, die jüngst in dem Staatsschutz-Krimi rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) fielen. Die höchste Extremismus-Ermittlerin Österreichs fand im parlamentarischen U-Ausschuss deutliche Worte gegen die Razzia, die Ende Februar im BVT-Hauptquartier stattgefunden hatte.
Die Extremismus-Referatsleiterin Sybille G. ermittelt gegen Neonazis, Anarchisten, Islamisten und andere Staatsfeinde. In dem Korruptionsund Amtsmissbrauchsverfahren gegen mehrere BVT-Beamte wird sie als Zeugin geführt. Trotzdem wurde ihr Büro bei der Razzia untersucht. Die Opposition vermutet, dass die Beamten der – von einem FPÖ-Lokalpolitiker geführten – Polizeieinheit bei der Hausdurchsuchung an Ermittlungsakten über Rechtsextreme kommen wollten.
Diese Vermutung teilt die Extremismus-Ermittlerin nicht. Sie habe die Razzia eher als „Drohgebärde“ empfunden, meinte sie bei ihrem selbstbewussten Auftritt am Donnerstag im U-Ausschuss.
Ihr erster Gedanke, als sie merkte, dass es sich um eine Razzia handelt? „Jetzt ist es so weit. Jetzt ist der Tag X. Es hat immer geheißen, wenn die an die Macht kommen, hängen sie zuerst den Staatsschutz auf und dann die Justiz.“
Ärgerlich sei auch, dass nach der Hausdurchsuchung in rechten Foren ihre angebliche SPÖ-Nähe betont worden war. Man habe „versucht, mir zu unterstellen, dass ich meine Tätigkeit politisch ausübe. Und gegen das verwahre ich mich.“
Vom blauen Innenministerium fühlt sie sich im Stich gelassen. „Es gibt keine Unschuldsvermutung für die BVT-Beamten, nicht einmal durch die eigene Ressortleitung“, beklagte die Ermittlerin.
G. war tatsächlich in FPÖ-Kreisen in Ungnade gefallen. Der Grund: Im Herbst 2016 fand in Oberösterreich eine Veranstaltung unter dem Titel „Verteidiger Europas“statt. Die Abteilung von G. verfasste eine Ein- schätzung des Treffens. Die Staatsschützer kamen zu dem Schluss, dass die Veranstaltung ein „Vernetzungstreffen der rechtsextremen Szene“sei. Redner auf dem Kongress war auch der heutige Innenminister, Herbert Kickl.
Für die Beamtin war die Razzia im BVT jedenfalls ein Sicherheitsrisiko: Polizeibeamte, die keinen Zugang zu geheimen Akten haben dürfen, hätten diese bei der Hausdurchsuchung gesichtet und beschlagnahmt.
Die Sicherheitslücke hatte laut G. Konsequenzen. Die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten sei ins Stocken geraten.
Aufhorchen ließ Sybille G. dann mit der Aussage, dass Generaldirektorin Michaela Kardeis – also die oberste Polizistin in Österreich – ihr im Mai geraten habe, sie solle ihre Kritik an Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber (im Zusammenhang mit der Razzia, Anm.) unterlassen. Kardeis habe ihr die freiwillige Pensionierung nahegelegt. Die Generaldirektorin habe gesagt: „Die wollen dich loswerden. Das wird ganz brutal werden“, und als „sanftere Methode“die freiwillige Pensionierung vorgeschlagen. Die Antwort von G.: „Ich habe gesagt, ich gehe sicher nicht freiwillig in Pension.“