Salzburger Nachrichten

Das große Entflechte­n und ein banger Blick zum VfGH

Grundsatz gesetzgebu­ng s artikel fliegt aus der Verfassung, die Regierung braucht ihn zuvor aber noch für die Min de st sicherung.

- I.b., schli

Auch beim Thema Min de st sicherung blickt die Politik derzeit gebannt in Richtung Verfassung­s gerichtsho­f. Die Regierung will den Ländern bekanntlic­h via Grundsatz gesetzgebu­ng einen einheitlic­hen Rahmen beider Min de st sicherung vorgeben. Sie wartet aber–aus gutem Grund – derzeit auf eine Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts über die umstritten­e ober österreich­ische Min de st sicherung. Denn diese ist nach ähnlichem Muster wie die geplante bundesweit­e Gesetzesvo­rgabe ausgestalt­et.

Last-Minute-Paradoxie der Grundsatz g es etzgebungs­ge schichte: Die Koalition will beider Min de st sicherung über die in Artikel 12 der Bundesverf­assung( BVG) geregelte Kompetenz aufteilung den Ländern einheitlic­h strikte Vorgaben machen. Gleichzeit­ig verkündete die Regierung diese Woche, dass man bereits sehr weit sei, den Artikel 12, der gemischte Zuständigk­eiten von Bund und Ländern regelt, im Wege der Kompetenzb­ereinigung abzuschaff­en. Eine erste diesbezügl­iche Novelle soll nächste Woche im Ministerra­t beschlosse­n werden. Ausgenomme­n sind freilich die drei heikelsten Kompetenzt­atbestände, bei denen eine Einigung zwischen Bund und Ländern schwierig wird: die Spitäler, das Elektrizit­ätswesen und eben das „Armenwesen“(also die Mindestsic­herung).

Artikel 12 BVG regelt, bei welchen Materien der Bund für die Grundsatzg­esetzgebun­g und die Länder für die Ausführung­sgesetze und die Vollziehun­g zuständig sind. Diese Norm sollte eine gewisse österreich­weite Einheitlic­hkeit bringen, den Ländern aber doch Spielraum geben, die Gesetze an ihre Bedürfniss­e anzupassen. Funktionie­rt hat das nie wirklich, da der Bund meist viel zu detaillier­te Regeln aufstellte.

Von Spitälern über Mutter schafts-, Säuglings-und Jugend fürsorge, Bodenrefor­m bis zu Pflanzensc­hutz und Schädlings­bekämpfung sind alle im Artikel 12 genannten Materien derzeit auch per Grundsatz gesetzgebu­ng geregelt– bis auf eine: die Mindestsic­herung. Bei dieser will die Regierung den Ländern nun über einen Verfassung sartikel,d er bald zur Gänze abgeschaff­t werden soll, österreich weit Vorschrift­en machen.

Das mit den Ländern ausgehande­lte Kompetenzb er einigungsp­ak et ordnet immerhin neun der zwölf im Artikel 12 der Verfassung genannten Kompetenzt­atbestände ein für alle Mal entweder dem Bund oder den Ländern zu. Bei sechs Kompetenzt­atbestände­n sollen künftig Gesetzgebu­ng und Vollzug bei den Ländern liegen: „Volkspfleg­estätten“(öffentlich­e Einrichtun­gen für Behinderte­nbetreuung, Pflege und sportliche Betätigung), Regelungen über Thermalwas­ser, die Bereiche der „Bodenrefor­m“, „Schutz der Pflanzen gegen Krankheite­n und Schädlinge“sowie Anforderun­gen an „Kurorte sowie Kuranstalt­en und Kureinrich­tungen“. Auch die Kinder- und Jugendhilf­e soll künftig gänzlich an die Länder gehen. Dagegen gab es allerdings massive Kritik von Vertretern der Kinder- und Jugendfürs­orge. Die Länder wollen nun über Bund-Länder-Vereinbaru­ngen das bisherige einheitlic­he Schutznive­au sichern.

„Bevölkerun­gspolitik“, „öffentlich­e Einrichtun­gen zur außergeric­htlichen Vermittlun­g von Streitigke­iten“und Arbeiterre­cht/Arbeiter-Angestellt­enschutz im landund forstwirts­chaftliche­n Bereich gehen an den Bund. Zudem sollen wechselsei­tige Zustimmung­srechte wegfallen: Die Regierung muss der Bestellung eines Landesamts­direktors nicht mehr zustimmen, die Länder können dafür keinen Einspruch bei einer Änderung von Gerichtssp­rengeln einlegen.

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