Kushner hatte enge Kontakte mit Salman
WASHINGTON. Donald Trump druckst auf die Frage herum, welche Konsequenzen der Fall Khashoggi für das Verhältnis zu dem saudischen Königreich haben werde. „Ich müsste erst einmal herausfinden, was da passiert ist“, sagte der USPräsident in seinem Haussender Fox News. Seine Experten und die der Türkei ermittelten und würden zu einem Ergebnis kommen. Für Rückschlüsse sei es „noch zu früh“.
Trump meinte, es sei eine „sehr, sehr bittere Pille“, von den USA zu verlangen, den milliardenschweren Waffenhandel mit Saudi-Arabien deswegen infrage zu stellen. „Damit schadeten wir uns bloß selbst.“
Doch genau das könnte nach Ansicht von Experten eine Konsequenz der Khashoggi-Affäre sein, die den 33-jährigen Thronfolger Mohammed bin Salman, der auch unter dem Kürzel MBS firmiert, schwer belastet. Die „Washington Post“berichtet unter Berufung auf Informationen der amerikanischen Geheimdienste, der Kronprinz höchstpersönlich habe den Auftrag zu einer verdeckten KommandoAktion gegen den Kolumnisten des Blatts erteilt.
Jamal Khashoggi, der in einem Vorort Washingtons im Exil lebte, war am 2. Oktober beim Besuch des saudischen Konsulats in Istanbul verschwunden. Mitschnitte der Sicherheitskameras zeigen, wie der Journalist in das Gebäude ging, um Dokumente für seine Hochzeit am nächsten Tag abzuholen. Weder vom Hinter- noch vom Vordereingang gibt es Videos, die dokumentieren, wie er später wieder herauskam.
Seine Verlobte wartete bis in die Nacht, bevor sie Khashoggi als vermisst meldete. Die türkischen Geheimdienste behaupten, sie hätten Beweise, dass Khashoggi ermordet und zerstückelt worden sei. Die Saudis hätten dazu ein Geheimkommando von 15 Personen eingeflogen, die am selben Tag das Land wieder verlassen hätten. Darunter ein forensischer Experte, dessen Aufgabe es gewesen sei, Spuren zu verwischen.
Türkische Zeitungen veröffentlichten Fotos der 15 mutmaßlichen Beteiligten. Die saudische Regierung weist die Vorwürfe aber als haltlos zurück. Khashoggi habe seine Papiere bekommen und die Botschaft verlassen. Was danach passiert sei, könne man heißt es.
Diese Darstellung stimmt nicht mit den Befunden der türkischen und amerikanischen Geheimdienste überein. Wie ernst die Angelegenheit ist, lässt sich daran ablesen, dass der amerikanische Sicherheitsberater John Bolton und der für den Mittleren Osten zuständige Schwiegersohn des Präsidenten, Jared Kushner, am Mittwoch mit MBS nicht sagen, telefonierten. Auch Außenminister Mike Pompeo rief bei dem Thronfolger an.
Der Nahost-Experte Elliott Abrams, der kürzlich noch zu den Unterstützern Mohammed bin Salmans gehörte, nennt die Mordvorwürfe „einen Todesstoß“für „alle Hoffnungen und Erwartungen“, die in den Kronprinzen gesetzt worden seien. „Es sei denn, die Saudis liefern eine vollständige Erklärung für das Geschehen und übernehmen die Verantwortung dafür.“
Danach sieht zum jetzigen Zeitpunkt allerdings wenig aus. Delikat ist die Angelegenheit auch deshalb, weil Kushner sich persönlich für eine enge Kooperation mit MBS starkgemacht hatte und wiederholt, am offiziellen Protokoll vorbei, mit dem Kronprinzen privat kommunizierte.
Senator Lindsey Graham, einer der engsten Verbündeten Trumps im US-Parlament, sagte einen „politischen Tsunami“im Kongress voraus, falls sich die Vorwürfe gegen die Saudis in der „Khashoggi-Affäre“erhärteten. Betroffen sei dann nicht nur der Waffenhandel, sondern auch die Zusammenarbeit in der Region. „Das dürfte die Beziehungen zwischen beiden Ländern grundlegend verändern.“
Auch der britische Außenminister Jeremy Hunt hat am Donnerstag den saudischen Behörden mit „gravierenden Konsequenzen“gedroht, sofern sie für das Verschwinden des saudischen Journalisten Khashoggi verantwortlich sein sollten. „Wenn diese Anschuldigungen zutreffen sollten, wird dies gravierende Konsequenzen haben, weil unsere Freundschaft und Partnerschaft ja auf gemeinsamen Werten beruhen.“