Sorge um Haus der Geschichte
Der Direktorin des neuen Hauses der Geschichte am Wiener Heldenplatz könnten bald nach der demnächst stattfindenden Eröffnung die Hände gebunden sein.
„Als Museum können wir nicht mit einer Million Euro auskommen.“Monika Sommer, Direktorin
Wenn die erste Ausstellung des am 10. November zu eröffnenden Hauses der Geschichte Österreich „Aufbruch ins Ungewisse“heißt, so lässt sich dies zweideutig verstehen. Am 12. November 1918 war die Zukunft der damals ausgerufenen demokratischen Republik ungewiss. Und jetzt ist die Zukunft des seit Jahrzehnten geforderten, 2015 beschlossenen, 2016 gesetzlich fixierten neuen Museums ungewiss. Es mangelt an Geld wie an strategischen Vorgaben.
Der jetzige Zustand sei untragbar, kritisiert Sepp Schellhorn als Kultursprecher der Neos. Wegen Budgetunsicherheit sei zu befürchten, dass im Frühjahr 2019 das wissenschaftliche Personal verringert und der Eröffnungsausstellung nichts mehr folgen werde. „Das hat den Charakter einer Landesausstellung.“Offenbar werde da mit viel Geld ein Provisorium ohne Beständigkeit geschaffen. Der Pongauer nennt es „eine zittrige Geschichte“.
Monika Sommer, Direktorin des Hauses der Geschichte, bestätigt die Sorgen. Unter dem früheren Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) sei das von dessen Vorgänger Josef Ostermayer (SPÖ) lancierte Projekt so reduziert worden, dass nach der ersten Ausstellung alles ungewiss sei. Dies zeigt das Budget: Nach zwei Mill. Euro für heuer ist nur eine Million Euro für 2019 vorgesehen.
Doch wird ab Eröffnung zusätzlich zu Miete, Hausbetrieb und jetzt fünfzehn Mitarbeitern auch Personal für Kassen, Aufsicht und Vermittlung erforderlich. Mit zugleich weniger Geld könnte das wissenschaftliche Team – sie mit zwei Kuratoren und einem Webkurator – nicht weitergeführt werden, warnt Monika Sommer. Sie stellt fest: „Wir sind das kleinste Team, das je eine Republik-Ausstellung organisiert hat.“Sie sei erst im Februar 2017 bestellt worden und habe Team, Betrieb und Ausstellung aufgebaut.
Diese Sorge bestätigt Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, zu der das Haus der Geschichte gehört. Mit der einen Million Euro für 2019 seien der Betrieb und ein „moderates Veranstaltungsprogramm“gesichert, sagt Johanna Rachinger. Doch eine neue Sonderausstellung – etwa für 2020 – sei damit nicht zu planen und umzusetzen.
Ohne wissenschaftliches Team kann das Haus der Geschichte auch nicht fortsetzen, was es bereits begonnen hat: eine Sammlung aufbauen. Von den drei Hauptaufgaben jedes Museums, nämlich Sammeln und Forschen, Ausstellen sowie Vermitteln, sind also bereits nach dem Start die ersten beiden nicht oder fast nicht mehr möglich.
„Mit einem superjungen, engagierten Team“sei es Monika Sommer gelungen, eine spannende Ausstellung zu „100 Jahre Republik“zu gestalten, lobt der Zeithistoriker Oliver Rathkolb, der einst mit Josef Ostermayer die Gründung vorangetrieben hat und dem wissenschaftlichen Beirat vorsitzt. Dass Thomas Drozda das Projekt „gewaltig reduziert hat“, habe zwar ermöglicht, dass die Eröffnung im Jahr des Jubiläums möglich sei. Doch fehle jetzt die Entscheidung: „Wie geht es weiter?“Dafür liege der Ball bei Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP). Als dringendes Minimum nennt Oliver Rathkolb ein Zusatzbudget von eineinhalb Millionen Euro für 2019.
Auf eine entsprechende Anfrage im Kulturministerium wurde den SN beschieden: Man könne „laufenden Gesprächen und Abstimmungsprozessen nicht vorgreifen“.
Zum Vergleich: Das deutsche Haus der Geschichte mit Dependancen in Bonn, Berlin und Leipzig hat ein Jahresbudget von 23 Mill. Euro. In Bonn gibt es pro Jahr mehrere kleine und zwei bis drei große Wechselausstellungen – derzeit etwa „Angst“. Heuer werden allein in Bonn in der Dauerausstellung 500.000 Eintritte und in Wechselausstellungen 250.000 Eintritte erwartet.