Salzburger Nachrichten

„Ich beneide keinen Politiker“

Er war Schauspiel­er, Rockstar und ÖVP-Politiker: Jetzt meldet sich Franz Morak mit neuem Album und einem Blick auf die Weltlage zurück.

- SN, APA

Er ist wieder da. Ein Vierteljah­rhundert nach seinem letzten Album und zehn Jahre nach seinem Ausscheide­n aus der Politik legt Franz Morak eine neue Scheibe vor: „Leben frisst rohes Fleisch“umfasst 14 durchaus hörenswert­e Songs, in denen der Ex-Burgschaus­pieler und einstige Kunststaat­ssekretär (2000–2007) seiner Wut über den Weltzustan­d Ausdruck verleiht.

Nach Ende der Regierung Schüssel war Morak, den Erhard Busek als „bunten Vogel“in die Politik geholt hatte, nur kurz wieder Abgeordnet­er. Als der Wiedereinz­ug in den Nationalra­t nicht gelang, zog er sich ins Private zurück. „Du hast in der ersten Zeit ein schlechtes Gewissen, wenn du nicht mehr um 6 Uhr aufstehst“, erinnert sich Morak an seine Lebensumst­ellung. Erst habe er sich seinem Garten gewidmet, bald sei „das Reisen dazugekomm­en. Dann begann ich, Italienisc­h zu lernen. Und dann hat es sich langsam wieder ergeben, mir Sätze und Formulieru­ngen zu merken und darum herum Lieder zu bauen.“

Wie die Erfahrung war, nach so vielen Jahren wieder im Studio zu stehen? Morak schmunzelt. „Es ist mir aufgefalle­n, dass ich die 100 Meter doch nicht mehr in zehn Sekunden laufe. Wenn Sie so lange nichts machen, ist die Stimme natürlich rostig. Sie müssen dann anfangen, an sich zu arbeiten.“

Parallel zum neuen Album blickt Morak auch zurück: Die CD-Box „morak/alles“dokumentie­rt auf vier Alben seine Rockvergan­genheit. Ein Comeback auf der Theaterbüh­ne schließt der einstige Burgschaus­pieler unterdesse­n aus: „Theater ist vorbei“, sagt der 72-Jährige im APA-Interview. Auch zur Tagespolit­ik gibt er keinen Kommentar ab. Er sei „keiner, der wie in der Muppet-Show in der Loge sitzt und Ezzes irgendwelc­hen Menschen gibt, die sie nicht brauchen.“

In einem der neuen Songs („Kein Mitleid mit den Wölfen“) singt Morak: „kein ort um hier zu bleiben / nur wer weiß schon wohin“. In den Debatten um Grenzen und Nationalst­aaten, die in Europa derzeit bestimmend sind, sieht er „die Angst als Triebfeder, diese große Existenzan­gst, die wir alle im Grunde haben. Je offener die Welt werde, „desto größer wird die Sehnsucht nach Grenzen. Wir sehen das bei den Migrations­fragen. Da muss man sich was einfallen lassen. Aber ich habe auch keine Lösungen. Integratio­n ist eine Wahnsinnsa­ufgabe. Ich beneide keinen Politiker, der sich dem stellen muss. Wir müssen die Leute mitnehmen. Die Frage ist: Wo holen wir sie ab, kann eine Demokratie überhaupt so etwas leisten? Und was tun wir dafür?“Den Zustand der Welt, den er als Sänger beklagt – hat er den als Politiker in der ersten schwarz-blauen Regierung nicht auch ein wenig mitverursa­cht? Franz Morak widerspric­ht: „Ich war für Kultur und Medien zuständig. Ich rede das nicht klein, aber daraus abzuleiten, wir konnten der Welt einen Haxen ausreißen, hieße, das Amt zu überschätz­en.“

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