„Popmusik hat ihre Relevanz nicht verloren“
Das Salzburger Rockhouse wird 25. Wie hat sich die Popwelt seit der Eröffnung verändert? Wolfgang Descho erzählt.
SN: Was hat sich an Ihrer Arbeit seit 1993 am stärksten verändert? Musik ist universal. Das Rad mussten wir ja in diesen 25 Jahren nicht neu erfinden. Aber ständige Weiterentwicklung ist immer gegeben. Die massiven Änderungen sind vor allem im Umfeld zu sehen. Unser Internet war 1993 noch das Faxgerät und der Anrufbeantworter, in der Industrie machte man noch Geld mit Tonträgerverkäufen.
Für die Musiker bedeutete nicht zuletzt die Möglichkeit, ihre Songs selbst am Computer produzieren zu können, einen großen Schritt. SN: Was wurde schwieriger? „Schwieriger“ist nicht der richtige Ausdruck. Es ist einfach alles wesentlich umfangreicher geworden. Das Angebot an Bands und Stilen ist so gestiegen, dass es schon eines guten Netzwerkes bedarf, um den richtigen Überblick zu bewahren. Durch die Entwicklung, dass Künstlerinnen und Künstler heute vor allem von Konzertgagen leben, und nicht wie früher das Konzert zur Bewerbung des Tonträgers dient, wurden die finanziellen Anforderungen noch nach oben geschraubt. Finanziell und personell sind wir sicher an der Decke angelangt. SN: Hat Popmusik an gesellschaftlicher Relevanz verloren? Das kann man so nicht sagen. Es gab immer den Bereich, der von der kommerziellen Verwertung bestimmt wurde, und es gab und gibt die Freigeister, die alles vorantreiben. Der innovative Einfluss der Popmusik konzentrierte sich früher auf eine überschaubare Menge an Künstlern. Durch die technischen Entwicklungen gibt es nun nicht mehr einen Wasserstrahl, sondern eher einen Gießkannenstrahl. Ich glaube aber nicht, dass dadurch Relevanz verloren wurde, sondern dass sie eben anders aufgeteilt ist. SN: Wie hat das Rockhouse die popmusikalische Landschaft der Stadt und Region verändert? Das Rockhouse hat Salzburg ein wenig normale Urbanität gebracht. Durch unseren Ganzjahresbetrieb (im Gegensatz zur Festivalkultur) bieten wir regelmäßig kulturelle Lebensmittel in Sachen Pop- und Rockmusik im weitesten Sinne. Obwohl ein Livekonzert etwas Einzigartiges ist, ist das große Konzertangebot für unser Publikum heute Normalität. Auch auf der internationalen Pop-Landkarte ist Salzburg kein weißer Fleck mehr. Und die Salzburger Szene spielt mittlerweile nicht nur gesamtösterreichisch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dazu hat das Rockhouse seinen Anteil beigetragen. SN: Wie hat sich das immer wieder diskutierte Verhältnis zwischen der traditionellen Kultur und der Popkultur in Salzburg entwickelt? Wir waren und sind ein offenes Haus. Das Verhältnis war unsererseits immer positiv, da wir offen und neugierig sind. Unser Gegenüber hat sich verändert und ist aufgeschlossen geworden. Im Lauf der Jahre hat es auch interessante Kooperationen gegeben. SN: Gibt es besondere Schwerpunkte für die Zukunft? Die Musiker sind grundsätzlich heute nicht anders drauf als vor 25 Jahren. Sie wollen und werden ihre eigene Musik machen. Und Livemusik wird bei allen technischen Revolutionen das Salz in der Suppe bleiben. Eine gute Liveatmosphäre kann man nicht herunterladen. Die technischen Möglichkeiten, Musik zu produzieren, werden sich freilich weiterentwickeln. Aber nach wie vor bleibt Musik das wichtigste Freizeitmedium. Das Rockhouse wird weiterhin einerseits die Wichtigkeit der heimischen Szene präsentieren als auch die internationale Szene live zeigen. SN: Wenn Sie drei Konzerte aus diesem 25 Jahren noch einmal sehen könnten – welche wären das und warum? Erstens: Die Eröffnung 1993, weil es nach 13 Jahren Mühen endlich so weit war und es tolle Konzerte gab. Zweitens: Eine Unmenge an Local Heroes, da hier oft viele kreative Rohdiamanten zu hören sind. Und drittens: Viele der Nischenkonzerte, die jetzt in Reihen wie „Eleven Empire“oder bei „Dawn“und früher beim „Yeah! Club“zu hören sind, da hier noch unverbrauchte Bands Wahnsinnskonzerte spielen. Kurz vor ihrem Durchbruch spielten etwa Kraftklub vor 60 Leuten in der Rockhouse-Bar. And auch die Sportfreunde Stiller fingen auf der kleinen Bühne an. Live: