Gedämpfte Jagdfreuden
Viele Jäger leiden unter Tinnitusgeräuschen und klagen über Schwerhörigkeit. Mit Schalldämpfern auf Jagdgewehren soll bald mehr Ruhe im Revier einkehren.
WIEN, SALZBURG. Österreichweit gibt es 127.000 Besitzer von Jagdkarten. Fast ebenso viele Jäger und Jägerinnen leiden unter Gehörschäden. Oder wie es Leopold Obermair vom Landesjagdverband Niederösterreich ausdrückt: „Das weiß man aus der Praxis, wenn man mit Jägern am Stammtisch beisammensitzt.“Der Lärm des Schusses führe bei vielen Kollegen zu Tinnitus, auch er sei ein Betroffener von permanentem Ohrensausen, so Obermair.
Beim Schuss mit einer großkalibrigen Waffe, die bei einer Jagd verwendet werde, sei der Schütze einer Belastung von bis zu 180 Dezibel ausgesetzt. „Das ist lauter als ein startender Düsenjet“, erklärt Obermair. Das neue Waffengesetz, das Anfang 2019 in Kraft treten wird, schafft Abhilfe. Ab dann wird der gesamten Jägerschaft erlaubt sein, was bisher Berufsjägern vorbehalten war: der Einsatz von Schalldämpfern.
„Dadurch reduzieren wir die Belastungsspitzen auf 120 Dezibel. Das ist immer noch wie bei einem Rockkonzert“, sagt Obermair. Befürchtungen mancher Kollegen, dass künftig Wilderer leichteres Spiel hätten oder ein benachbarter Jäger nicht mehr so gut zu orten sei, teilen die Jagdfunktionäre nicht. Leute, die illegal Schalldämpfer haben wollten, hätten sich diese jetzt schon auf dem Schwarzmarkt kaufen können. Durch den Schalldämpfer werde ohnehin nur der Explosionsknall des Schusses minimiert, „der Überschallknall ist nicht wegzudämmen“, erzählt Maximilian Mayr-Melnhof, Landesjägermeister in Salzburg. Und Christopher Böck, Geschäftsführer des Oberösterreichischen Landesjagdverbands, ergänzt: „Es ist nicht so, dass man nur ein Plopp hört wie bei einem James-Bond-Film.“
Allerdings werde die Belastung für den Schützen um 60 bis 70 Prozent reduziert. „Das bringt große Vorteile – für das Ohr und für die ganze Natur, weil die Tiere rundherum nicht so verschreckt werden“, betont Mayr-Melnhof. Einziger Nachteil: Das Gewehr werde um mindestens 30 Zentimeter länger und schwerer und damit unbequemer in der Handhabung. Noch gebe es viele Skeptiker in den eigenen Reihen, vor allem bei konservativen Jägern, aber es werde ohnehin niemand verpflichtet, sich einen Schalldämpfer anzuschaffen.
Böck zufolge wird mehr Ruhe im Revier einkehren – und damit ein Stressfaktor weniger für das Wild. Zurzeit könnten die Tiere die Quelle des Schusses leicht orten, was zu erhöhtem Jagddruck führen könne. Künftig könnte dieser reduziert werden, da pro Jagdgang mehr passende Stück Wild erlegt werden könnten. Auch für die Jagdhunde bringe der Schalldämpfer durchwegs Erleichterungen – sie waren wegen ihres empfindlichen Gehörs bisher noch viel stärker betroffen als Menschen.
Böck berichtet von Hunden, die oft mit sechs Jahren schwerhörig sind. „Mit jedem Schuss wird das Gehör weiter geschädigt.“Mayr-Melnhof bezeichnet den Tinnitus als eine Berufskrankheit: „Für unsere Generation kommt die Neuregelung zu spät. Die feinen Härchen im Ohr, die zerstört wurden, bilden sich nicht mehr wieder.“