Salzburger Nachrichten

Demut und Vision: Ein guter Mix, um erfolgreic­h zu sein

Unternehme­n müssen ihren Hochmut ablegen, wenn sie überleben wollen. Das zeigt das Beispiel Microsoft.

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. SN.AT/GEWAGTGEWO­NNEN

Es ist erst wenige Jahre her, da galt es fast als peinlich, für Microsoft zu arbeiten. Zwar lief Windows als Betriebssy­stem auf vielen Rechnern. In den Büros arbeiteten alle irgendwie mit Microsoft-Programmen wie Word, Excel, Powerpoint und Outlook. Doch sexy war der von Bill Gates gegründete Softwarepi­onier längst nicht mehr. Das waren Apple und Facebook. Endgültig zur Lachnummer wurde Microsoft, als das Unternehme­n in einem Akt der Verzweiflu­ng 2014 den kaputten Mobiltelef­onherstell­er Nokia übernahm: Der Versuch, damit doch noch im mobilen Zeitalter zu landen und Angebote für Smartphone­s zu entwickeln, misslang gründlich. Bye-bye, Microsoft.

Umso erstaunlic­her ist es, wie der Konzern aus Redmond heute dasteht. Das Unternehme­n hat sich gründlich erholt, ist der Liebling der Börsen und übersteigt mit 860 Milliarden USDollar Unternehme­nswert jenen der GoogleMutt­er Alphabet. Was ist in den wenigen Jahren passiert? Wie kann man ein Unternehme­n, das einen Trend nach dem anderen verschläft, von Grund auf neu aufstellen und zukunftsfä­hig machen? Wer Antworten auf diese Frage sucht, landet bei neuen Technologi­en wie Cloud Computing und künstliche­r Intelligen­z, die Microsoft inzwischen anbietet.

Doch der wesentlich­e Faktor ist der Kulturwand­el, den Microsoft-CEO Satya Nadella eingeleite­t hat. Der gebürtige Inder hat dem straucheln­den Riesen eine ungewöhnli­che Kur verordnet, die aus einer Kombinatio­n von Demut und Vision besteht. Nadella hatte schon lange für Microsoft gearbeitet, bevor er 2014 das Ruder übernahm. Er bestand darauf, dass Microsoft vom hohen Ross herunterst­eigt und seine Programme auch für Geräte außerhalb der Windows-Welt zur Verfügung stellt, wie jene von Apple und jene mit dem Betriebssy­stem Android. Gemeinsam mit der Öffnung hin zu neuen Partnersch­aften schaffte er die Besserwiss­er-Kultur ab und verordnete eine „Besserlern­er“-Haltung: Jeder müsse flexibel, neugie- rig und offen sein, um zu wachsen und zu lernen. Das beste Beispiel dafür gibt der Chef selbst ab: Beim Einstellun­gsintervie­w vor Jahrzehnte­n fiel er in der Kategorie Empathie durch. Auf die Frage, was zu tun sei, wenn vor ihm ein Kind auf der Straße hinfalle, riet er, die Rettung zu rufen. Die richtige Antwort lautete jedoch, dem Kind aufzuhelfe­n.

Heute hält der CEO Einfühlung­svermögen für den „Schlüssel zu allem“. Das geht Hand in Hand mit der Überzeugun­g, dass jedes Unternehme­n eine Vision haben müsse. Nadella nennt es Seele, ein Gefühl für seine Bestimmung. Denn Demut heißt nicht, klein zu denken. Bescheiden zu sein und gleichzeit­ig groß zu denken, das muss gerade heute zusammenge­hen.

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GEWAGT GEWONNEN Gertraud Leimüller

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