Demut und Vision: Ein guter Mix, um erfolgreich zu sein
Unternehmen müssen ihren Hochmut ablegen, wenn sie überleben wollen. Das zeigt das Beispiel Microsoft.
Es ist erst wenige Jahre her, da galt es fast als peinlich, für Microsoft zu arbeiten. Zwar lief Windows als Betriebssystem auf vielen Rechnern. In den Büros arbeiteten alle irgendwie mit Microsoft-Programmen wie Word, Excel, Powerpoint und Outlook. Doch sexy war der von Bill Gates gegründete Softwarepionier längst nicht mehr. Das waren Apple und Facebook. Endgültig zur Lachnummer wurde Microsoft, als das Unternehmen in einem Akt der Verzweiflung 2014 den kaputten Mobiltelefonhersteller Nokia übernahm: Der Versuch, damit doch noch im mobilen Zeitalter zu landen und Angebote für Smartphones zu entwickeln, misslang gründlich. Bye-bye, Microsoft.
Umso erstaunlicher ist es, wie der Konzern aus Redmond heute dasteht. Das Unternehmen hat sich gründlich erholt, ist der Liebling der Börsen und übersteigt mit 860 Milliarden USDollar Unternehmenswert jenen der GoogleMutter Alphabet. Was ist in den wenigen Jahren passiert? Wie kann man ein Unternehmen, das einen Trend nach dem anderen verschläft, von Grund auf neu aufstellen und zukunftsfähig machen? Wer Antworten auf diese Frage sucht, landet bei neuen Technologien wie Cloud Computing und künstlicher Intelligenz, die Microsoft inzwischen anbietet.
Doch der wesentliche Faktor ist der Kulturwandel, den Microsoft-CEO Satya Nadella eingeleitet hat. Der gebürtige Inder hat dem strauchelnden Riesen eine ungewöhnliche Kur verordnet, die aus einer Kombination von Demut und Vision besteht. Nadella hatte schon lange für Microsoft gearbeitet, bevor er 2014 das Ruder übernahm. Er bestand darauf, dass Microsoft vom hohen Ross heruntersteigt und seine Programme auch für Geräte außerhalb der Windows-Welt zur Verfügung stellt, wie jene von Apple und jene mit dem Betriebssystem Android. Gemeinsam mit der Öffnung hin zu neuen Partnerschaften schaffte er die Besserwisser-Kultur ab und verordnete eine „Besserlerner“-Haltung: Jeder müsse flexibel, neugie- rig und offen sein, um zu wachsen und zu lernen. Das beste Beispiel dafür gibt der Chef selbst ab: Beim Einstellungsinterview vor Jahrzehnten fiel er in der Kategorie Empathie durch. Auf die Frage, was zu tun sei, wenn vor ihm ein Kind auf der Straße hinfalle, riet er, die Rettung zu rufen. Die richtige Antwort lautete jedoch, dem Kind aufzuhelfen.
Heute hält der CEO Einfühlungsvermögen für den „Schlüssel zu allem“. Das geht Hand in Hand mit der Überzeugung, dass jedes Unternehmen eine Vision haben müsse. Nadella nennt es Seele, ein Gefühl für seine Bestimmung. Denn Demut heißt nicht, klein zu denken. Bescheiden zu sein und gleichzeitig groß zu denken, das muss gerade heute zusammengehen.