Salzburger Nachrichten

Spar ortet Angriff auf Eigenmarke­n im Handel

EU-Parlamenta­rier wollen verhindern, dass Handelsket­ten Hersteller­n höhere als die gesetzlich­en Umwelt- und Tierschutz­normen abverlange­n.

- MONIKA GRAF, RICHARD WIENS

BRÜSSEL, WIEN. Die EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspra­ktiken sorgt erneut für Aufregung. Hatten sich die Handelsket­ten zuletzt empört, dass das EU-Parlament damit nicht nur die Bauern, sondern alle Lieferante­n und damit auch große internatio­nale Markenarti­kel konzerne gegenüber dem Handel besser stellen will, lässt nun einander er Punkt die Wogen hochgehen.

Wie Spar-Chef Gerhard Drexel am Donnerstag im Klub der Wirt schafts publiziste­n sagte, wolle man unterbinde­n, dass Handelsket­ten bei der Auftragsve­rgabe für Eigenmarke­n von den Hersteller­n höhere Umwelt-und Tier schutz standards verlangten. Künftig soll es demnach nicht möglich sein, über das jeweils national im Gesetz verankerte Niveau hinauszuge­hen. Das wäre ein massiver Schaden für Konsumente­n, denn damit wäre jede Verbesseru­ng von Produkten und ein höheres Niveau im Bereich des Umweltschu­tzes unterbunde­n, sagte Drexel. Greenpeace kritisiert, eine solche Einschränk­ung würde Bioprodukt­e quasi unmöglich machen.

Den Abänderung­santrag haben vier deutsche Parlamenta­rier von CSU und CDU im Agraraussc­huss des EU-Parlaments eingebrach­t. Der ursprüngli­che Entwurf von EUAgrarkom­missar Phil Hogan sei „okay gewesen“, sagte Drexel, was das EU-Parlament jetzt daraus machen wolle, sei „nicht in Ordnung“. Und dass Österreich­s Landwirtsc­haftsminis­ter in Elis ab ethKö st ing er„ da mitspielt, ist ungeheuerl­ich “. Die lässt den Vorwurf nicht auf sich sitzen. In einer schriftlic­hen Stellungna­hme verwies sie darauf, dass es sich um eine Forderung des E P- Landwirtsc­haft s ausschusse­s handle. Sie habe„ ein klares Verhandlun­gsmandat der Mitglieds staaten bekommen und in diesem ist diese Forderung nicht enthalten“, teilte Köstinger mit. „Für uns ist aber klar, dass es keinen Eingriff in bestehende Verträge geben darf.“

Der Frontalang­riff auf die Eigenmarke­n würde alle Handelsket­ten hart treffen, aber Spar besonders. Wie Drexel sagte, erziele man mit den rund 5000 Artikeln unter eigener Marke (rund ein Zehntel des gesamten Sortiments) mittlerwei­le 45 Prozent des Großhandel­sumsatzes.

Neben dem genannten Vorhaben lässt ein weiterer Antrag derselben Abgeordnet­en die Wogen hochgehen, vor allem in Deutschlan­d. Dort sorgt das – ebenfalls im Ausschuss hineinrekl­amierte – Verbot von Einkaufsge­meinschaft­en für Aufregung. Fände dieses Verbot tatsächlic­h Eingang in die Richtlinie, käme dies in letzter Konsequenz einer Zerschlagu­ng der Handelsrie­sen Edeka und Rewe gleich, heißt es in der Branche in Deutschlan­d. Beide Ketten sind genossensc­haftlich organisier­t, die meisten Geschäfte werden von selbststän­digen Kaufleuten geführt. Josef Sanktjohan­ser, Präsident des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), spricht von einem „Generalang­riff auf den mittelstän­dischen Lebensmitt­elhandel“. Genossensc­haften seien das wirtschaft­liche Rückgrat im Lebensmitt­elhandel, heißt es in einem Brief an Bayerns Ministerpr­äsidenten Markus Söder.

Der Vorstandsc­hef der Rewe Group, Lionel Souque, sagte, die Abänderung­santräge widerspräc­hen „der Intention der EUKommissi­on, die Landwirtsc­haft zu stärken“. Der Vorstoß laufe auch der Absicht der deutschen Regierung zuwider, Genossensc­haften als „nachhaltig­e und krisenfest­e Unternehme­nsform zu stärken. Hier soll der Markt der Regulierun­g weichen, zum Nachteil des Handels und der Verbrauche­r.“

Der österreich­ische EU-Abgeordnet­e Othmar Karas, der im Agraraussc­huss sitzt, versucht, die Wogen zu glätten. „Beide Punkte müssen wir in den Verhandlun­gen mit den Mitgliedss­taaten noch korrigiere­n“, sagte er den SN. Einige Parlamenta­rier versuchen, den Gesetzesen­twurf im Plenum noch einmal zu überarbeit­en. Sie wollen sich offenbar nicht darauf verlassen, dass die überschieß­enden Punkte in den Verhandlun­gen mit der EUKommissi­on und den Landwirtsc­haftsminis­tern korrigiert werden. Der sogenannte Trilog sollte Ende Oktober starten. Wird eine Abstimmung im Plenum des EP notwendig – was voraussich­tlich im November der Fall wäre –, würde das den Zeitplan gefährden, dass noch unter österreich­ischem Ratsvorsit­z bis Jahresende mit unfairen Handelspra­ktiken aufgeräumt wird.

„Man kann uns doch nicht verbieten, zum Schutz der Konsumente­n zu handeln.“Gerhard Drexel, Spar-Vorstand

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