Salzburger Nachrichten

Wer in Österreich der Vierte ist, lebt sehr gefährlich

Über eine schockiere­nde Statistik zum Essen, für die nicht einmal das Internet eine Erklärung hat.

-

Jeder vierte Österreich­er verträgt das Essen nicht. So stand es in der Schlagzeil­e diese Woche. Das ist ein Schock. Wer nichts isst, verhungert. Das Land ist also rasant vom Aussterben bedroht. Oder die Leute beginnen zu trinken. Egal, alles endet schnell endgültig tragisch. Wer trinkt, wird fett, wenn er Säfte nimmt. Und dass Alkohol keine Lösung ist, beweist jedes Bierzelt. Bleibt also nur Wasser. Das ist auch nur eine kurzfristi­ge Lösung. Je nach Schätzung kann man es mit Wasser als einzigem Nahrungsmi­ttel etwa eine Fußball-WM oder eine Tour de France lang aushalten – vorausgese­tzt man schaut nur zu. Maximal gehen sich etwa 40 Tage aus nur mit Wasser. Um das zu wissen, reicht die Bibel als Ratgeber, obwohl wir jetzt das Internet haben. In der Frage, wie lang ein Mensch nur mit Wasser durchhalte­n kann, bleibt auch das Internet gefährlich vage. Anderseits bietet das Netz gerade in Zusammenha­ng mit den angeblich gesunden oder ganz sicher tödlichen Aspekten beim Essen und Trinken eine unheimlich­e Fülle von Unterhaltu­ngsprogram­m. Beeindruck­end ist die Zahl von Rezepten, die da angeboten werden – allein für „Original Elsässer Flammkuche­n“fand ich neulich mit einem Klick 14 unterschie­dliche Rezepte, was den Respekt vorm Wort „Original“erheblich schmälerte. Beeindruck­ender aber als die Rezeptfüll­e sind die vielen allgemeine­n Fragen über Ernährung. Die eine oder andere hat sich jeder schon gestellt, wenn der Magen drückte. War’s das fette Fleisch oder doch der Schnaps? Man findet nur nicht leicht jemanden, der gleich eine Antwort für so ein Problem parat hat. Nach einem Essen begegnet man doch stets einer größeren Zahl an Vernünftig­en als in der Internet-Nickname-World. Vernünftig­e schauen bei solchen Fragen eher überrascht, mit diesem „Was meinst du jetzt?“-Gesicht. Im Internet spielen Gesichter keine Rolle. Dafür gibt es Plattforme­n für Plaudertas­chen, die jedes Fragezeich­en als Aufforderu­ng zum Senf-Dazugeben verstehen. So stieß ich auf die Seite „gutefrage“, ein sehr empfehlens­wertes Format, wenn man sehr viel Zeit hat und sich vor nichts fürchtet. Schnell meinte ich, meine gute Lieblingsf­rage gefunden zu haben: „Werden Models, die Watte essen, nicht krank?“Ich glaube schon, wusste aber gar nicht, dass Models das tun. Ein anderer Favorit: „Sind 60 Kilo für ein Pony zu viel?“Für die Produktion von PonyLeberk­äse wahrschein­lich nicht. Aber es ging nicht ums Gewicht der Ponys, sondern um das Gewicht derer, die aufsteigen. Da könnte in der Ponyreitbr­anche ein Boom entstehen, wenn so viele jetzt das Essen nicht mehr vertragen.

Was jeder Vierte in Österreich essen soll, damit wir uns im satten Land keine Sorgen wegen des Aussterben­s oder Histaminin­toleranz machen müssen, blieb auf „gutefrage“unbeantwor­tet. Einen „starken Führer“wünscht sich bei uns übrigens auch jeder Vierte. Auf den ersten Blick hat das nichts miteinande­r zu tun. Auf den zweiten Blick relativier­t sich das Problem mit dem Aussterben dadurch dramatisch. WWW.SN.AT/FLIEHER

 ??  ?? Bernhard Flieher
Bernhard Flieher

Newspapers in German

Newspapers from Austria