Salzburger Nachrichten

Warum das Volksbegeh­ren gegen den ORF kein Erfolg ist

Für die CPÖ war ihr Volksbegeh­ren ein Erfolg, für die FPÖ vergleichs­weise ein Misserfolg, für die Demokratie ein Fehler.

- MEDIA THEK Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

320.000 Menschen haben das Volksbegeh­ren „ORF ohne Zwangsgebü­hren“unterschri­eben. Es wurde von der Christlich­en Partei angestreng­t. Für sie ist das ein Erfolg. Denn bei Wahlen sind der CPÖ solche fünf Prozent der Stimmberec­htigten eine viel zu hohe Hürde.

Als Steigbügel­halter zu diesem Ausnahmesp­rung diente die FPÖ. Für sie hatten 29 Prozent der aktuellen Unterzeich­ner bei der Nationalra­tswahl votiert. Ein weiteres Fünftel der nun Begehrende­n gab damals der Liste Pilz seine Stimmen. Laut Wählerstro­manalyse von SORA sind sie bei den Gebührenge­gnern sogar etwas stärker vertreten als die ÖVP-Anhänger.

Dennoch ist das Volksbegeh­ren für die FPÖ ein Misserfolg. Denn sie hatte es massiv unterstütz­t. Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache forderte seine 800.000 Facebook-Fans auf: „Jetzt unterschre­iben! (…) Die ORF-Zwangsgebü­hren sind anachronis­tisch und gehören weg!“Doch diesem Wunsch kamen nur sieben Prozent der FPÖ-Wähler von 2017 nach.

Trotzdem erklärt der freiheitli­che Medienspre­cher Hans-Jörg Jenewein, „dass das System der Gebührenho­heit für den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk zur Dispositio­n steht“, und ortet akuten Handlungsb­edarf. Das wirkt zumindest eigenartig, wenn nicht gar unlogisch. Denn „dass das System der Raucherzon­en in der Gastronomi­e zur Dispositio­n steht“, schreiben weder er noch die Gesundheit­ssprecheri­n der FPÖ, obwohl das Volksbegeh­ren „Don’t smoke“fast drei Mal so viele Unterschri­ften erzielt hat wie die Gebührenge­gner-Aktion.

Diese Unverhältn­ismäßigkei­t wirkt lediglich als Teil eines Dauerfeuer­s auf den ORF folgericht­ig, das die einstige Brachialop­position seit jeher betreibt. Nicht einmal ihr Vorsitz im öffentlich-rechtliche­n Stiftungsr­at hat sie hier zur Regierungs­verantwort­ung geläutert. Jenewein agiert in logischer Folge zu seinen Parteifreu­nden Strache, Kickl, Steger, Podgorsche­k und sogar Hartinger-Klein. Sie wollen den ORF sturmreif schießen für ein desinformi­ertes Meinungskl­ima. Die 300-Millionen-Klage zur Gebührenrü­ckerstattu­ng durch einen Prozessfin­anzierer ist ein weiterer Puzzlestei­n.

Das alles führt aber dazu, dass ausgerechn­et jene Medien, die den ORF seit jeher kritisch und kontrollie­rend beobachten, sich plötzlich zur Solidaritä­t mit ihm gedrängt sehen. Denn ungeachtet aller Mängel ist der ORF ein Symbol für Journalism­us in diesem Land. Dieser wiederum steht für das Gegenteil jener Propaganda, die vor allem die FPÖ, aber auch andere Parteien auf ihren digitalen Plattforme­n betreiben. Für Journalism­us ist schon aus Selbsterha­lt die Demokratie am wichtigste­n. Bei Parteien hat mitunter die Macht Priorität. Für das Gemeinwese­n ist das der falsche Vorrang. Peter Plaikner

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