Warum das Volksbegehren gegen den ORF kein Erfolg ist
Für die CPÖ war ihr Volksbegehren ein Erfolg, für die FPÖ vergleichsweise ein Misserfolg, für die Demokratie ein Fehler.
320.000 Menschen haben das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“unterschrieben. Es wurde von der Christlichen Partei angestrengt. Für sie ist das ein Erfolg. Denn bei Wahlen sind der CPÖ solche fünf Prozent der Stimmberechtigten eine viel zu hohe Hürde.
Als Steigbügelhalter zu diesem Ausnahmesprung diente die FPÖ. Für sie hatten 29 Prozent der aktuellen Unterzeichner bei der Nationalratswahl votiert. Ein weiteres Fünftel der nun Begehrenden gab damals der Liste Pilz seine Stimmen. Laut Wählerstromanalyse von SORA sind sie bei den Gebührengegnern sogar etwas stärker vertreten als die ÖVP-Anhänger.
Dennoch ist das Volksbegehren für die FPÖ ein Misserfolg. Denn sie hatte es massiv unterstützt. Vizekanzler Heinz-Christian Strache forderte seine 800.000 Facebook-Fans auf: „Jetzt unterschreiben! (…) Die ORF-Zwangsgebühren sind anachronistisch und gehören weg!“Doch diesem Wunsch kamen nur sieben Prozent der FPÖ-Wähler von 2017 nach.
Trotzdem erklärt der freiheitliche Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein, „dass das System der Gebührenhoheit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Disposition steht“, und ortet akuten Handlungsbedarf. Das wirkt zumindest eigenartig, wenn nicht gar unlogisch. Denn „dass das System der Raucherzonen in der Gastronomie zur Disposition steht“, schreiben weder er noch die Gesundheitssprecherin der FPÖ, obwohl das Volksbegehren „Don’t smoke“fast drei Mal so viele Unterschriften erzielt hat wie die Gebührengegner-Aktion.
Diese Unverhältnismäßigkeit wirkt lediglich als Teil eines Dauerfeuers auf den ORF folgerichtig, das die einstige Brachialopposition seit jeher betreibt. Nicht einmal ihr Vorsitz im öffentlich-rechtlichen Stiftungsrat hat sie hier zur Regierungsverantwortung geläutert. Jenewein agiert in logischer Folge zu seinen Parteifreunden Strache, Kickl, Steger, Podgorschek und sogar Hartinger-Klein. Sie wollen den ORF sturmreif schießen für ein desinformiertes Meinungsklima. Die 300-Millionen-Klage zur Gebührenrückerstattung durch einen Prozessfinanzierer ist ein weiterer Puzzlestein.
Das alles führt aber dazu, dass ausgerechnet jene Medien, die den ORF seit jeher kritisch und kontrollierend beobachten, sich plötzlich zur Solidarität mit ihm gedrängt sehen. Denn ungeachtet aller Mängel ist der ORF ein Symbol für Journalismus in diesem Land. Dieser wiederum steht für das Gegenteil jener Propaganda, die vor allem die FPÖ, aber auch andere Parteien auf ihren digitalen Plattformen betreiben. Für Journalismus ist schon aus Selbsterhalt die Demokratie am wichtigsten. Bei Parteien hat mitunter die Macht Priorität. Für das Gemeinwesen ist das der falsche Vorrang. Peter Plaikner