Nicht jedes Abheben ist gratis
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden: Konsumenten, die an Automaten von Drittanbietern abheben, erhalten dafür in Rechnung gestellte Gebühren nicht von ihrer Hausbank erstattet.
Österreichs Banken haben im Kampf gegen ein generelles Verbot von Bankomatgebühren einen Sieg errungen. In einem am Freitag veröffentlichten Erkenntnis gab der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Banken Recht, dass die ihnen 2017 auferlegte Pflicht, ihren Kunden von Drittanbietern verrechnete Gebühren zu ersetzen, verfassungswidrig ist. Dagegen erachten die Höchstrichter die Regelung, wonach Banken mit ihren Kunden Entgelte für Abhebungen am Bankomaten „im Einzelnen“aushandeln müssen, als verfassungskon form.
Konkret ging es um zwei Paragrafen im Verbraucher zahlung skonto gesetz( V ZK G ), gegen die 500 Geldinstitute vor das Höchst gericht gezogen waren. Der§4aVZKG,d er Banken vorschreibt, ihre Kunden von Gebühren zu befreien, die ein unabhängiger Drittanbieter von Geldautomaten beansprucht, verletzt laut VfGH das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums. Denn aufgrund dieser Bestimmung könnten unabhängige Drittanbieter Entgelte für Barabhebungen frei festsetzen. Mit diesen würde in der Folge der Zahlungs dienstleister, der die Karte ausgegeben hat, belastet, ohne dass er mit dem Drittanbieter eine Vertrags beziehung hat. Damit gehe ein Kostenrisiko einher, zumal nicht vorhersehbar sei, wie häufig Verbraucher die Geräte von Drittanbietern in Anspruch nehmen. Diese Bestimmung sei daher sofort aufzuheben, heißt es im VfGH-Spruch.
Die gesetzliche Regelung ist ein Überbleibsel aus der vorigen SPÖÖVP-Regierung. Der damalige Sozialminister Alois Stöger hatte sich damit durchgesetzt, dass Kunden die 1,95 Euro, die der US-Anbieter Euronet pro Abhebung an seinen rund 80 Geldausgabeautomaten in Österreich in Rechnung stellte, von ihrer Hausbank ersetzt bekommen.
In § 4 Abs. 2 wird den Banken vorgeschrieben, allfällige Entgelte für Bargeldabhebungen mit den Kunden „im Einzelnen“auszuhandeln. Dies sei verfassungskonform, heißt es im Erkenntnis des VfGH. Und weiter: „Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn kontoführenden Zahlungsdienstleistern die Pflicht auferlegt wird, Verbrauchern tatsächlich mehrere Zahlungskontotarifmodelle anzubieten“, um das gesetzliche Erfordernis zu erfüllen.
Das Finanzministerium fordert die Kreditinstitute nun dazu auf, „nachvollziehbare und transparente Produkte und Kontomodelle anzubieten“. Darin dürfe es keine versteckten Gebühren geben, die Kosten müssten klar gekennzeichnet sein. Andernfalls werde man konkrete Anforderungen formulieren.
In der Kreditwirtschaft atmet man auf. Mit der Entscheidung des VfGH sei es Drittanbietern nun nicht mehr möglich, ihre Gebühren auf Österreichs Banken überzuwälzen, sagte Branchensprecher Franz Rudorfer.
Die SPÖ bleibt unverdrossen bei ihrer Forderung nach einem generellen Verbot von Bankomatgebühren. SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Markus Vogl sagte, die Regierung müsse alles „in die Wege leiten, damit jeder in Österreich unentgeltlich an sein Bargeld kommt“. Die Arbeiterkammer sieht die Banken in der Pflicht, sie müssten nun eine flächendeckende Versorgung mit Bargeld sicherstellen, „damit Konsumenten kostenlos vom eigenen Konto abheben können“, sagte die Leiterin der Konsumentenpolitik, Gabriele Zgubic. Man dürfe das Feld „nicht Drittanbietern überlassen, die mitunter unverhältnismäßige Spesen verrechnen“. Das Bankomatnetz dürfe daher nicht ausgedünnt werden, fordert die AK.
In Österreich gab es zur Jahresmitte 2018 laut der Oesterreichischen Nationalbank 8710 Geldausgabegeräte, an denen knapp fünf Mrd. Euro behoben wurden. Die Payment Service Austria, die im Eigentum der österreichischen Banken steht, betreibt in deren Auftrag laut eigenen Angaben rund 7350 Bankomaten. Immerhin 1360 Geräte entfallen somit auf Drittanbieter. Weil Österreichs Banken ihr Filialnetz drastisch reduzieren, sind die Automaten für die Bargeldversorgung essenziell, vor allem im ländlichen Raum.