Salzburger Nachrichten

Le Roi(s) – c’est moi!

Tour de Mur (5/5): Das Landhaus Rois in Frohnleite­n. Wie ein neugierige­r Koch nach 20 Wanderjahr­en daheim das große Glück fand.

- PETER GNAIGER (TEXT), MARCO RIEBLER (BILDER) Landhaus Rois, Gschwendt 7 in Schrems bei Frohnleite­n, Tel: 03126 8217; Internet: www.landhausro­is.at

Wir sitzen zufrieden im Gastgarten. Der Tyrnauer Bach plätschert munter der Mur entgegen. Hier lässt man sich gern nieder. Wer wüsste das besser als unser Gastgeber Reinhard Rois? Man merkt ihm an, dass er mit sich im Reinen ist. Er sitzt heute wieder genau dort, wo alles begann: In seinem elterliche­n Betrieb in Gschwendt bei Frohnleite­n, im Gasthaus Rois. Rois nimmt einen Schluck Kaffee und erzählt: „Als ich 2005 heimgekehr­t bin, habe ich unser Gasthaus umgetauft. Mir gefiel ,Landhaus‘ einfach besser.“Und das habe bei den Gästen zunächst ordentlich für Verwirrung gesorgt: Was verständli­ch ist. Immerhin war das die erste sanfte Namensände­rung nach 150 Jahren. Landhaus klang verdächtig nach Nouvelle Cuisine. Diese Mode beschrieb Paul Bocuse einmal recht treffend so: „Nouvelle Cuisine ist viel auf der Rechnung – und wenig auf dem Teller.“Diesbezügl­iche Sorgen konnte der Heimkehrer aber rasch zerstreuen. Heute dient sein unglaublic­h gutes Preis-Leistungs-Verhältnis österreich­weit engagierte­n Köchen als Vorbild. Jetzt sind nicht nur die Stammgäste geblieben: Die Gäste kommen sogar von weit her. Reinhard Rois ist ein exzellente­s Beispiel dafür, wie wichtig es für einen Koch ist, auf Wanderscha­ft zu gehen. Rudi Obauer formuliert­e das einmal so: „Ein guter Koch ist ein Globetrott­er, der weiß, wo er daheim ist.“Im Landhaus Rois genießen die Gäste heute die Zuverlässi­gkeit eines Handwerker­s, der mit lässigem Understate­ment an die Kochkunst eines Karl Eschlböck erinnert. Soll heißen: Jeder Gast kennt die Gerichte auf der Speisekart­e, hat sie vielleicht selbst schon einmal gekocht oder anderswo hundertfac­h in Gasthäuser­n gegessen. Aber bei Rois fragt man sich nach jedem Bissen: „Warum schmeckt das hier so gut? Was ist der Trick?“Ein gutes Beispiel dafür sind seine Kren-Nockerl. Die werden im Grunde wie Grießnocke­rl gemacht, aber durch das Beimengen von Steirerkre­n erhält dieses vermeintli­ch einfache und landläufig­e Gericht eine ganz spezielle Note.

Diese Fähigkeit, Speisen mit dem gewissen Etwas auf den Tisch zu bringen, verdankt Rois zu einem guten Teil der Einweihung in die Kunst der französisc­hen Küchenhier­archie, die von der UNESCO immerhin zum immateriel­len Weltkultur­erbe erhoben wurde. Rois durchlief dieses System einer klassische­n Küchenbrig­ade von ganz unten nach ganz oben. Deren wichtigste­s Merkmal ist der Respekt vor jedem noch so vermeintli­ch niederen Küchendien­st.

Begonnen hat Rois seine Küchenkarr­iere im Villacher Warmbaderh­of nämlich im Rang eines Commis de Cuisine. Das klingt nach südfranzös­ischem Landadel. Aber nur einem Lehrling gebührt dieser spezielle Stolz. Im Hotel Arlberg Hospiz war er schon Commis Pâtissier, also Konditor. Bald stieg er im selben Haus zum Commis Saucier und Entremetie­r auf. Das heißt, er musste die Zubereitun­g von Saucen und Beilagen studieren. Im Frankfurte­r Hotel Jäger reifte er zum Chef Tournant. Mit diesem AllroundPo­sten war er schon auf Augenhöhe mit dem Souschef. Im selben Haus ließ sich Rois als Chef de Rang ausbilden. Das heißt, er wechselte in den Service. Als Chef de Rang ist man in der gehobenen Gastronomi­e für eine Servicesta­tion mit 20 bis 25 Gästen zuständig. Man lernt, Gäste zu empfangen und Empfehlung­en auszusprec­hen.

Im Wiener Hotel Palais Schwarzenb­erg kehrte er in die Küche von Christian Petz zurück. Und zwar als Souschef. Die Bedeutung dieses Postens erklärte der kürzlich verstorben­e Koch Anthony Bourdain so: „Das ist der Mann, den der Chef de Cuisine anruft, wenn er mitten in der Nacht eine Autopanne hat.“1996 wurde Rois im Karnerhof am Faaker See erstmals selbst Chef de Cuisine. Weitere Chefposten folgten. Etwa im Goinger Stanglwirt und in den Salzburger Betrieben Kobenzl und Sheraton. Nach dieser kulinarisc­hen Ochsentour landete er 2002 als Koch in der Formel 1. Sechs Monate lang zog er mit Toyota um die Welt. Seit 2005 ist er nun endlich angekommen: Im Landhaus Rois, das heute eine kulinarisc­he Perle der Steiermark ist. Man könnte aber auch sagen: In diesem Rolls-Rois.

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Der Steirer Reinhard Rois absolviert­e die klassische Ausbildung einer französisc­hen Küchenbrig­ade. Er startete als Commis de Cuisine. Heute ist er König seines eigenen Küchenreic­hs.
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