Le Roi(s) – c’est moi!
Tour de Mur (5/5): Das Landhaus Rois in Frohnleiten. Wie ein neugieriger Koch nach 20 Wanderjahren daheim das große Glück fand.
Wir sitzen zufrieden im Gastgarten. Der Tyrnauer Bach plätschert munter der Mur entgegen. Hier lässt man sich gern nieder. Wer wüsste das besser als unser Gastgeber Reinhard Rois? Man merkt ihm an, dass er mit sich im Reinen ist. Er sitzt heute wieder genau dort, wo alles begann: In seinem elterlichen Betrieb in Gschwendt bei Frohnleiten, im Gasthaus Rois. Rois nimmt einen Schluck Kaffee und erzählt: „Als ich 2005 heimgekehrt bin, habe ich unser Gasthaus umgetauft. Mir gefiel ,Landhaus‘ einfach besser.“Und das habe bei den Gästen zunächst ordentlich für Verwirrung gesorgt: Was verständlich ist. Immerhin war das die erste sanfte Namensänderung nach 150 Jahren. Landhaus klang verdächtig nach Nouvelle Cuisine. Diese Mode beschrieb Paul Bocuse einmal recht treffend so: „Nouvelle Cuisine ist viel auf der Rechnung – und wenig auf dem Teller.“Diesbezügliche Sorgen konnte der Heimkehrer aber rasch zerstreuen. Heute dient sein unglaublich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis österreichweit engagierten Köchen als Vorbild. Jetzt sind nicht nur die Stammgäste geblieben: Die Gäste kommen sogar von weit her. Reinhard Rois ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie wichtig es für einen Koch ist, auf Wanderschaft zu gehen. Rudi Obauer formulierte das einmal so: „Ein guter Koch ist ein Globetrotter, der weiß, wo er daheim ist.“Im Landhaus Rois genießen die Gäste heute die Zuverlässigkeit eines Handwerkers, der mit lässigem Understatement an die Kochkunst eines Karl Eschlböck erinnert. Soll heißen: Jeder Gast kennt die Gerichte auf der Speisekarte, hat sie vielleicht selbst schon einmal gekocht oder anderswo hundertfach in Gasthäusern gegessen. Aber bei Rois fragt man sich nach jedem Bissen: „Warum schmeckt das hier so gut? Was ist der Trick?“Ein gutes Beispiel dafür sind seine Kren-Nockerl. Die werden im Grunde wie Grießnockerl gemacht, aber durch das Beimengen von Steirerkren erhält dieses vermeintlich einfache und landläufige Gericht eine ganz spezielle Note.
Diese Fähigkeit, Speisen mit dem gewissen Etwas auf den Tisch zu bringen, verdankt Rois zu einem guten Teil der Einweihung in die Kunst der französischen Küchenhierarchie, die von der UNESCO immerhin zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben wurde. Rois durchlief dieses System einer klassischen Küchenbrigade von ganz unten nach ganz oben. Deren wichtigstes Merkmal ist der Respekt vor jedem noch so vermeintlich niederen Küchendienst.
Begonnen hat Rois seine Küchenkarriere im Villacher Warmbaderhof nämlich im Rang eines Commis de Cuisine. Das klingt nach südfranzösischem Landadel. Aber nur einem Lehrling gebührt dieser spezielle Stolz. Im Hotel Arlberg Hospiz war er schon Commis Pâtissier, also Konditor. Bald stieg er im selben Haus zum Commis Saucier und Entremetier auf. Das heißt, er musste die Zubereitung von Saucen und Beilagen studieren. Im Frankfurter Hotel Jäger reifte er zum Chef Tournant. Mit diesem AllroundPosten war er schon auf Augenhöhe mit dem Souschef. Im selben Haus ließ sich Rois als Chef de Rang ausbilden. Das heißt, er wechselte in den Service. Als Chef de Rang ist man in der gehobenen Gastronomie für eine Servicestation mit 20 bis 25 Gästen zuständig. Man lernt, Gäste zu empfangen und Empfehlungen auszusprechen.
Im Wiener Hotel Palais Schwarzenberg kehrte er in die Küche von Christian Petz zurück. Und zwar als Souschef. Die Bedeutung dieses Postens erklärte der kürzlich verstorbene Koch Anthony Bourdain so: „Das ist der Mann, den der Chef de Cuisine anruft, wenn er mitten in der Nacht eine Autopanne hat.“1996 wurde Rois im Karnerhof am Faaker See erstmals selbst Chef de Cuisine. Weitere Chefposten folgten. Etwa im Goinger Stanglwirt und in den Salzburger Betrieben Kobenzl und Sheraton. Nach dieser kulinarischen Ochsentour landete er 2002 als Koch in der Formel 1. Sechs Monate lang zog er mit Toyota um die Welt. Seit 2005 ist er nun endlich angekommen: Im Landhaus Rois, das heute eine kulinarische Perle der Steiermark ist. Man könnte aber auch sagen: In diesem Rolls-Rois.