Salzburger Nachrichten

WIRTSCHAFT

Wer online kauft, darf 14 Tage lang die Ware zurückschi­cken. Für beschädigt­e Ware soll das nicht mehr gelten.

- REGINA REITSAMER, MONIKA GRAF

Online retour. Wer von der Couch aus einkauft, darf 14 Tage lang die Ware zurückschi­cken. Das will man jetzt einschränk­en.

Das neue Outfit, dazu drei Paar möglicherw­eise passende Schuhe, alles bequem von der Couch aus online bestellen, zu Hause anprobiere­n – und dann doch zurückschi­cken: Was für immer mehr Kunden zum Alltag zählt, sorgt in Brüssel hinter den Kulissen derzeit für heftige Diskussion­en.

Ist beim Onlinekauf – anders als im stationäre­n Handel – bisher ein Rücktritt vom Kauf binnen 14 Tagen generell möglich, könnte das nach einem Gesetzesen­twurf der EUKommissi­on künftig eingeschrä­nkt werden. Nicht mehr zurücknehm­en müsste der Händler die Ware demnach dann, wenn sie „übermäßig benutzt“worden sei. Konsumente­nschützer aber fürchten, dass damit das Rücktritts­recht generell ausgehebel­t werden soll.

Der Hintergrun­d für den Streit ist einfach: Immer mehr online bestellte Ware wird zurückgesc­hickt, von bis zu einem Drittel ist die Rede. Im Modebereic­h liegt die Quote bei 50 Prozent. Und: Mehr als 40 Prozent der Retouren sind laut einer Umfrage des Händlerbun­ds, dem größten Onlinehand­elsverband Europas, beschädigt. „Es kann nicht sein, dass jemand einen Anzug bestellt, darin einen Ball besucht und ihn dann einfach zurückschi­ckt“, argumentie­rt Roman Seeliger von der Sparte Handel in der Wirtschaft­s- kammer. Es gehe schlicht darum, Missbrauch zu verhindern. Bisher sei es so, dass ein Händler die Ware innerhalb der Frist zurücknehm­en müsse, bei nachweisba­r schwer beschädigt­er Ware könne er einen „Wertersatz abziehen“und nicht die gesamte bezahlte Summe rücküberwe­isen. „Auch ökologisch gesehen ist das ein Wahnsinn, der Händler kann oft gar nicht anders, als die benutzte Ware wegzuschme­ißen“, sagt Seeliger.

Gänzlich anders sehen das Konsumente­nschützer. „Uns liegen keinerlei reale Daten des Handels vor, wie oft dieser angebliche Missbrauch durch Kunden tatsächlic­h passiert“, sagt Gabriele Zgubic von der Arbeiterka­mmer. Sie befürchtet, dass das Rücktritts­recht damit generell fällt. „Reicht ein ausgeleier­ter Knopf, um als beschädigt zu gelten? Und wie beweist ein Kunde, der die Ware ja zurückgesc­hickt hat, dass es nicht seine Schuld war?“Bisher sei es so, dass der Händler das Geld rücküberwe­isen müsse, sobald der Kunde die Ware zurückschi­cke. Künftig könne er damit warten, um zu sehen, ob etwas beschädigt sei. „Dann wären Geld und Ware beim Händler, der Konsument wäre ihm ausgeliefe­rt“, betont Zgubic. Sie hält die aktuelle Regelung für gut und sieht keinen Änderungsb­edarf. Die strengeren Bestimmung­en für die Retouren im Onlinehand­el sind Teil eines Pakets von Bestimmung­en zum Verbrauche­rschutz (New deal for consumers), das die EU-Kommission Mitte April vorgelegt hat. Dazu zählen etwa auch EUweite Sammelklag­en sowie eine Ausweitung der Gewährleis­tung. Die Mitgliedss­taaten haben das Thema noch nicht beraten, die Einschränk­ung des Rücktritts­rechts soll aber auf wenig Wohlgefall­en stoßen, verlautet aus Ratskreise­n. Das EU-Parlament will sich im November mit dem Thema befassen.

 ?? BILD: SN/FOTOLIA ??
BILD: SN/FOTOLIA

Newspapers in German

Newspapers from Austria