WIRTSCHAFT
Wer online kauft, darf 14 Tage lang die Ware zurückschicken. Für beschädigte Ware soll das nicht mehr gelten.
Online retour. Wer von der Couch aus einkauft, darf 14 Tage lang die Ware zurückschicken. Das will man jetzt einschränken.
Das neue Outfit, dazu drei Paar möglicherweise passende Schuhe, alles bequem von der Couch aus online bestellen, zu Hause anprobieren – und dann doch zurückschicken: Was für immer mehr Kunden zum Alltag zählt, sorgt in Brüssel hinter den Kulissen derzeit für heftige Diskussionen.
Ist beim Onlinekauf – anders als im stationären Handel – bisher ein Rücktritt vom Kauf binnen 14 Tagen generell möglich, könnte das nach einem Gesetzesentwurf der EUKommission künftig eingeschränkt werden. Nicht mehr zurücknehmen müsste der Händler die Ware demnach dann, wenn sie „übermäßig benutzt“worden sei. Konsumentenschützer aber fürchten, dass damit das Rücktrittsrecht generell ausgehebelt werden soll.
Der Hintergrund für den Streit ist einfach: Immer mehr online bestellte Ware wird zurückgeschickt, von bis zu einem Drittel ist die Rede. Im Modebereich liegt die Quote bei 50 Prozent. Und: Mehr als 40 Prozent der Retouren sind laut einer Umfrage des Händlerbunds, dem größten Onlinehandelsverband Europas, beschädigt. „Es kann nicht sein, dass jemand einen Anzug bestellt, darin einen Ball besucht und ihn dann einfach zurückschickt“, argumentiert Roman Seeliger von der Sparte Handel in der Wirtschafts- kammer. Es gehe schlicht darum, Missbrauch zu verhindern. Bisher sei es so, dass ein Händler die Ware innerhalb der Frist zurücknehmen müsse, bei nachweisbar schwer beschädigter Ware könne er einen „Wertersatz abziehen“und nicht die gesamte bezahlte Summe rücküberweisen. „Auch ökologisch gesehen ist das ein Wahnsinn, der Händler kann oft gar nicht anders, als die benutzte Ware wegzuschmeißen“, sagt Seeliger.
Gänzlich anders sehen das Konsumentenschützer. „Uns liegen keinerlei reale Daten des Handels vor, wie oft dieser angebliche Missbrauch durch Kunden tatsächlich passiert“, sagt Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer. Sie befürchtet, dass das Rücktrittsrecht damit generell fällt. „Reicht ein ausgeleierter Knopf, um als beschädigt zu gelten? Und wie beweist ein Kunde, der die Ware ja zurückgeschickt hat, dass es nicht seine Schuld war?“Bisher sei es so, dass der Händler das Geld rücküberweisen müsse, sobald der Kunde die Ware zurückschicke. Künftig könne er damit warten, um zu sehen, ob etwas beschädigt sei. „Dann wären Geld und Ware beim Händler, der Konsument wäre ihm ausgeliefert“, betont Zgubic. Sie hält die aktuelle Regelung für gut und sieht keinen Änderungsbedarf. Die strengeren Bestimmungen für die Retouren im Onlinehandel sind Teil eines Pakets von Bestimmungen zum Verbraucherschutz (New deal for consumers), das die EU-Kommission Mitte April vorgelegt hat. Dazu zählen etwa auch EUweite Sammelklagen sowie eine Ausweitung der Gewährleistung. Die Mitgliedsstaaten haben das Thema noch nicht beraten, die Einschränkung des Rücktrittsrechts soll aber auf wenig Wohlgefallen stoßen, verlautet aus Ratskreisen. Das EU-Parlament will sich im November mit dem Thema befassen.