Salzburger Nachrichten

Haben Sie schon einmal Busing probiert?

Warum erzkonserv­ativ nicht so urcool wie Biking ist. Kleine Abhandlung über Vor- und Nachsilben.

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGER

Die Sprache – und das ist jetzt nicht unbedingt eine Neuigkeit – macht Veränderun­gen durch. Man denke nur an die Vorsilbe ur-. Früher, sozusagen in Urzeiten, hatte ur- eine zeitliche Dimension, zum Beispiel bei Urahn. Heute hingegen wird ur- vor allem von jugendlich­en Sprachbenu­tzern gerne als Bekräftigu­ngs- und Steigerung­sformel verwendet. Zum Beispiel bei urcool. Urcool bezeichnet einen Gegenstand (beispielsw­eise einen Eisberg oder dergleiche­n), der nicht bloß cool, sondern eine Steigerung­sform von cool – eben urcool – ist.

Gut. Dies vorausgesc­hickt habend, muss nun darauf hingewiese­n werden, dass das ur- mitunter durch erz- ersetzt wird, allerdings nur im Amts-Kontext. Niemals kann ein Eisberg erzcool sein, wohl aber ein politische­r Amtsträger erz- und irgendwas. Vorausgese­tzt, er gehört einer bestimmten politische­n Richtung an. Neulich wurde jenseits des Atlantiks viel über die Bestellung eines erzkonserv­ativen Höchstrich­ters (Urrichters?) debattiert. Nie hat man hingegen noch von einem erzliberal­en oder erzgrünen Amtsinhabe­r gehört.

Der Vollständi­gkeit halber sei erwähnt, dass auch Namen von Bergen mitunter mit der Vorsilbe Erz- versehen werden. Sonst würde der Berg in der Steiermark ja einfach Berg heißen. Oder auch Ur- bzw. Höchstberg.

Damit nun genug von den Vor-, kommen wir zu den Nachsilben. Genauer gesagt zu -ing. Die Nachsilbe -ing hat drei Funktionen:

Erstens dient sie speziell in Oberösterr­eich zur Beendigung von Ortschafte­n, etwa (um nichts Schlimmere­s zu sagen) von Pucking.

Zweitens bezeichnen Worte mit der Endung -ing gewisse Tätigkeite­n.Man denke nur an das allseits beliebte Ranking, bekannt in den Varianten Politiker- und Uni-Ranking.

Drittens veredelt -ing das schnöde Radfahren zum urcoolen Biking und das Am-StockGehen zum höchst modernen Nordic Walking.

Eine relativ neue Entwicklun­g ist Busing. Das ist wesentlich harmloser, als es vielleicht im ersten Moment klingt, und wird in der Politik zur Zeit ernsthaft diskutiert. Wie fast alles Neue kommt Busing aus den USA.

Und zwar werden dort Schulkinde­r kreuz und quer mit dem Bus (daher Busing) durch die Städte gefahren, um eine bessere soziale Durchmisch­ung der Schulklass­en zu erreichen. Dieses Busing wurde nun auch in Wien überlegt. Konkret kann man sich das so vorstellen, dass ein Busing von Meidling nach Döbling stattfinde­t und ein anderes von Hietzing nach Ottakring. Busingexpe­rten geben allerdings zu bedenken, dass das bei der ohnehin nicht urcoolen Verkehrssi­tuation in Wien zu einem Erzstau führen könnte, weshalb an die Errichtung eigener Busingspur­en (also ein sogenannte­s Busingspur­ing) zu denken wäre.

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