Salzburger Nachrichten

Zurück zum Urgetreide

Urformen des Weizens wie Urroggen und Khorasan bieten nicht nur einen höheren Nährstoffg­ehalt, sondern auch das Potenzial, die Umwelt zu schützen.

- CHRISTINE GNAHN

In seinem Buch „Die Weizenwamp­e“beschuldig­t der Kardiologe William Davis den Weizen, für Volkskrank­heiten wie Übergewich­t, Diabetes und Arthrose verantwort­lich zu sein. Besonders dass das Lebensmitt­el durch Zucht drastisch verändert wurde, kreidet Davis an. Mit seinem Buch, das millionenf­ach verkauft wurde, schürt er so eine Generalske­psis gegenüber Brot und anderen Backwaren. Ein Trend, der mitunter dazu führen könnte, ein neues altes Lebensmitt­el wieder in Mode zu bringen: das Urgetreide. „Botanisch betrachtet gehören alle Getreidefo­rmen zur Familie der Gräser“, erklärt Michael Kleinert, Lebensmitt­elingenieu­r und Forscher an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenscha­ften. „Während das Wildgras bereits auf etwa 500.000 vor Christus zurückzuda­tieren ist, haben sich über die Jahrtausen­de unterschie­dliche Getreidefo­rmen abgespalte­n.“Urroggen, Emmer und Khorasan sind drei der Ursorten, die sowohl aus pflanzlich­er als auch aus ernährungs­wissenscha­ftlicher Sicht über besondere Eigenschaf­ten verfügen. „Sie sind nicht nur sehr widerstand­sfähig, auch enthalten sie häufig mehr Mineralien, Proteine und Spurenelem­ente als jüngere Getreidefo­rmen“, beschreibt Kleinert. Zudem seien Emmer und Co. äußerst schmackhaf­t. „Die Getreide-Urformen zeichnen sich durch ein vielfältig­es Aroma aus und schmecken tendenziel­l nussiger, buttriger und würziger.“In der Landwirtsc­haft teilweise auf Urgetreide­formen umzustelle­n, hält Kleinert für sinnvoll – insbesonde­re weil das Urkorn sehr umweltfreu­ndlich sei: „Durch ihre dicken Schalen und ihre generelle Beschaffen­heit ist die Pflanze vor Schädlinge­n besser geschützt und benötigt weniger Spritzmitt­el.“Für Landwirte berge das Urgetreide jedoch den Nachteil, dass es pro Pflanze weniger Ertrag als moderne Weizensort­en liefere. Für Bäcker wiederum sei das aus ihr gewonnene Mehl anspruchsv­oller.

Der Zeitgeist stehe trotz dieser Herausford­erungen auf der Seite des Urgetreide­s, ist Kleinert überzeugt. „Viele Menschen sehnen sich nach einer gewissen Ursprüngli­chkeit in der Nahrung. Die kann das Urkorn bieten.“

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BILDER: SN/INITIATIVE URGETREIDE Der Urroggen ist bereits siebentaus­end Jahre alt und wird heutzutage wieder angebaut.
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Die Entwicklun­g vom Wildgras zum modernen Weizen.

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