Zurück zum Urgetreide
Urformen des Weizens wie Urroggen und Khorasan bieten nicht nur einen höheren Nährstoffgehalt, sondern auch das Potenzial, die Umwelt zu schützen.
In seinem Buch „Die Weizenwampe“beschuldigt der Kardiologe William Davis den Weizen, für Volkskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes und Arthrose verantwortlich zu sein. Besonders dass das Lebensmittel durch Zucht drastisch verändert wurde, kreidet Davis an. Mit seinem Buch, das millionenfach verkauft wurde, schürt er so eine Generalskepsis gegenüber Brot und anderen Backwaren. Ein Trend, der mitunter dazu führen könnte, ein neues altes Lebensmittel wieder in Mode zu bringen: das Urgetreide. „Botanisch betrachtet gehören alle Getreideformen zur Familie der Gräser“, erklärt Michael Kleinert, Lebensmittelingenieur und Forscher an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. „Während das Wildgras bereits auf etwa 500.000 vor Christus zurückzudatieren ist, haben sich über die Jahrtausende unterschiedliche Getreideformen abgespalten.“Urroggen, Emmer und Khorasan sind drei der Ursorten, die sowohl aus pflanzlicher als auch aus ernährungswissenschaftlicher Sicht über besondere Eigenschaften verfügen. „Sie sind nicht nur sehr widerstandsfähig, auch enthalten sie häufig mehr Mineralien, Proteine und Spurenelemente als jüngere Getreideformen“, beschreibt Kleinert. Zudem seien Emmer und Co. äußerst schmackhaft. „Die Getreide-Urformen zeichnen sich durch ein vielfältiges Aroma aus und schmecken tendenziell nussiger, buttriger und würziger.“In der Landwirtschaft teilweise auf Urgetreideformen umzustellen, hält Kleinert für sinnvoll – insbesondere weil das Urkorn sehr umweltfreundlich sei: „Durch ihre dicken Schalen und ihre generelle Beschaffenheit ist die Pflanze vor Schädlingen besser geschützt und benötigt weniger Spritzmittel.“Für Landwirte berge das Urgetreide jedoch den Nachteil, dass es pro Pflanze weniger Ertrag als moderne Weizensorten liefere. Für Bäcker wiederum sei das aus ihr gewonnene Mehl anspruchsvoller.
Der Zeitgeist stehe trotz dieser Herausforderungen auf der Seite des Urgetreides, ist Kleinert überzeugt. „Viele Menschen sehnen sich nach einer gewissen Ursprünglichkeit in der Nahrung. Die kann das Urkorn bieten.“