Der Saudi-Prinz und das Mord-Verbrechen
Auf internationalen Druck hat das saudische Regime die Tötung des saudischen Regimekritikers Jamal Khashoggi eingestanden.
Zu der Frage, unter welchen Umständen Khashoggi ums Leben gekommen ist, verbreitet Riad jedoch weiterhin Lügengeschichten. Sie haben den Zweck, den enormen Schaden für das Image des Landes zu begrenzen und vor allem Kronprinz Mohammed bin Salman aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu zerren, der als Drahtzieher des Mordkomplotts gilt.
Aber solche PR-Aktionen werden, je länger die Aufregung über diesen Fall andauert, desto weniger gelingen. Wie soll das Bild eines Regimes geschönt werden, das offenkundig ein Killerkommando in das saudische Konsulat in Istanbul geschickt hat? Wie kann die saudische Führung glauben, sich mit fantastischen Erzählungen aus 1001 Nacht herauswinden zu können, obwohl dieser Kriminalfall längst Thema der Weltmedien und der Weltpolitik ist? Sogar die westlichen Regierungen, die wegen eigener Interessenverbindungen mit Riad bisher eine erstaunliche Geduld gezeigt haben, verlangen jetzt dringlich vollständige Aufklärung und politische Konsequenzen.
Insbesondere die USA stehen vor der Notwendigkeit, ihre Nahostpolitik neu zu justieren. Das ist der bisher bedeutendste Testfall für das außenpolitische Vermögen von Präsident Donald Trump. Das international häufig kritisierte Zweckbündnis mit den Saudis wird Washington wegen des Falls Khashoggi nicht aufgeben; zu prominent ist die Rolle Riads für Amerikas Außenpolitik. Aber business as usual kann es angesichts einer von der Saudi-Führung befohlenen Bluttat nicht geben. Der Kronprinz „MBS“ist, so skrupellos und unberechenbar er erscheint, kein glaubwürdiger Partner mehr.
Es ist ein Fehler gewesen, dass Washington dessen Aufstieg zur Macht massiv gefördert hat. Viel zu lange hat man den Kronprinzen gewähren lassen – mit seinem verheerenden Bombenkrieg im Jemen; mit der erfolglosen Wirtschaftsblockade gegen Katar, wo sich ein wichtiger US-Militärstützpunkt befindet; mit seinem rigorosen Vorgehen gegen Kritiker, unter denen Khashoggi wegen seiner Insiderkenntnisse des saudischen Regimes zur Zielscheibe geworden ist.
Im Reich der tausend Prinzen haben sich früher verschiedene Fraktionen gegenseitig in Schach gehalten. Erst der Ehrgeizling „MBS“hat fast die ganze Macht an sich gerissen und Konkurrenten innerhalb der Königsfamilie politisch kaltgestellt. Inwieweit König Salman noch Herr der Lage ist, bleibt offen. Aber ausgerechnet den Kronprinzen „MBS“hat er gerade an die Spitze eines neuen Komitees gestellt, welches die Geheimdienste umstrukturieren soll.