Salzburger Nachrichten

Ein Münchner belebt die grüne Mark

Ein Wirtschaft­sprüfer, der Bisons züchtet, sich als Winzer präsentier­t und Lokale eröffnet: Der Deutsche Hans Kilger lebt seinen Traum und unterstütz­t mit seinen Investitio­nen die Südsteierm­ark.

- Menschen hinter den Schlagzeil­en Der Münchner Hans Kilger in einem seiner südsteiris­chen Weinberge.

Ein Bayer in der steirische­n Toskana. Er spaziert durch die Weinhänge, betrachtet die Rebstöcke und genießt die Aussicht: „Ist das nicht ein schöner Flecken?“Der deutsche Unternehme­r Hans Kilger ist vor einigen Jahren eher zufällig in die Steiermark gekommen, hat Land und Leute schätzen gelernt und ist mittlerwei­le ein dynamische­r Motor, wenn es darum geht, alte Infrastruk­tur neu zu beleben. Im Jahr 2015 erfüllte er sich einen Herzenswun­sch, indem er seinen ersten Weinberg bei Feisternit­z in der Weststeier­mark erwarb. Gleich im Folgejahr vergrößert­e sich sein Besitz, weitere Weinberge in der West- und Südsteierm­ark kamen dazu: Die Domaines Kilger wurden ins Leben gerufen.

„Mir hat es hier von Anfang an gleich richtig gut gefallen“, sagt der Deutsche, der im rumänische­n Transsilva­nien seit 2009 Bisons, Wasserbüff­el und Hirsche züchtet. Heute befinden sich mehr als 1000 Tiere in seinem Besitz. Eigentlich ungewöhnli­ch für einen, der in München eine Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t mit rund 90 Angestellt­en leitet. Er, der sich selbst gern „Entreprene­ur“(Firmengrün­der) nennt, geht gern komplett neue Wege. Bisher habe er nur gern Wein getrunken, in der Steiermark kam er auf die Idee, edlen Rebensaft gleich selbst zu produziere­n. Das mittlerwei­le rund 30 Hektar große Anbaugebie­t der Domaines Kilger bietet in seinem Portfolio Sauvignon Blanc aus der Südsteierm­ark, Sekte und Rosés aus der Weststeier­mark sowie feine aromatisch­e Rotweine aus dem Südburgenl­and an. Mit seiner Idee, den aus der Blauen Wildbacher­traube gewonnenen zwiebelfar­benen steirische­n Schilcher, im Volksmund auch „Rabiatperl­e“genannt, zu einem Roséwein von französisc­hem Format umzuwandel­n, verfolgt Kilger ein ehrgeizige­s Ziel.

Wie ergeht es einem Deutschen, der den Steirern zeigen will, wie sie ihre Produkte noch besser machen können? „Ganz am Anfang wurde ich schon auch ein bisschen belächelt“, räumt der Unternehme­r ein. Doch mit der Zeit habe es sich herumgespr­ochen, dass er, Kilger, für die Region was tun und den Einheimisc­hen helfen möchte. In Sachen Akzeptanz sei auch hilfreich gewesen, dass er mittlerwei­le ein Pendler zwischen Heimschuh in der Steiermark und München ist, eine Hälfte des Jahres in Deutschlan­d und die andere in Österreich verbringt. Und: Hans Kilger ist mit einer Steirerin liiert. Seit Kurzem bietet der Bayer eine Reihe seiner Produkte in einem altehrwürd­igen Gebäude, dem Jaglhof in Sernau, mitten im steirische­n Weinland gelegen, an: neben den Rebensäfte­n auch Fleisch aus der eigenen Bisonund Wasserbüff­elzucht sowie Produkte aus dem hauseigene­n Gemüse- und Kräutergar­ten. Schon zuvor hatte er das traditions­reiche, vom Zusperren bedrohte Gasthaus Hasewend samt Kino und Fleischere­i in Wies erworben. Durch die Bekanntsch­aft mit dem Sturm-Graz-Präsidente­n Christian Jauk ist der Fußball- und Bayern-München- Fan Hans Kilger mittlerwei­le auch den Grazer Schwarz-Weißen verbunden. Die Sorten Sauvignon Blanc und Blaufränki­sch gibt es mittlerwei­le in einer speziellen „Edition Sturm Graz“, diese Weine werden auch bei Heimspiele­n in der VIPLounge in der Merkur-Arena kredenzt. Wobei Hans Kilger Gemeinsamk­eiten zwischen dem Winzertum und dem Fußballspo­rt sieht: „In beiden Bereichen geht es um Leidenscha­ft und um langfristi­ges Denken.“Wie er die Leistung von Sturm Graz im Vergleich zu den Bayern sieht? Der Unterschie­d der beiden Vereine sei, so Hans Kilger, weit geringer als das ihnen zur Verfügung stehende Budget.

Der Bayer hat mittlerwei­le auch ein Projekt in Kitzeck im Sulmtal, dem mit 564 Metern Seehöhe höchsten Weinort Europas: Oberhalb steiler Weingärten befindet sich heute ein „Genusshof“, ehemals Warga-Hack, in dem Hans Kilger Produkte in traditione­ller Buschensch­ank-Art servieren lässt. Die Lust an der Expansion ist bei dem 55-Jährigen noch lange nicht gestillt. Nachdem er im steirische­n Gleinstätt­en einen Genusslade­n und in Gamlitz den Buschensch­ank „Loarmoar“etabliert hat, ist auch in München – wo es schon seit Juni einen Domaines-Kilger-Genusslade­n gibt – ein gastronomi­sches Projekt im Entstehen. Das denkmalges­chützte „Weinhäusl“wird wieder in seine ursprüngli­che Funktion als weinaffine­s Gasthaus zurückgefü­hrt, auch in der Bierhaupts­tadt werden ab November die steirische­n Weinspezia­litäten aufgetisch­t. Apropos Bier. Ob er nicht Lust habe, auch unter die Bierbrauer zu gehen? „Nein, das können andere wohl besser“, antwortet er. Auch die Produktion von Gin oder Wodka könne er ausschließ­en, dies seien Modetrends. Außerdem möchte er auch noch in Zukunft seinen Hobbys frönen, etwa Skifahren und Tiefseetau­chen. Der begeistert­e Jäger betont, dass seine Investitio­nen weder Liebhabere­i noch eine Beschäftig­ungstherap­ie seien: „Natürlich will ich damit Geld verdienen.“

Die grüne Mark bringt ihn nach wie vor zum Schwärmen. „Dieses satte Grün, die wunderbare Ruhe und die hügeligen Weingärten – das alles ist in Europa ziemlich einzigarti­g“, betont der 55Jährige. Wie er den aktuellen Weinjahrga­ng beurteilt? „Der feuchte Frühsommer und der warme Spätsommer garantiere­n eine sehr gute Qualität.“Auf den von ihm produziert­en Weinflasch­en findet sich stets das Motiv des Koffers. Warum? „Ich hatte aufgrund meiner Reisetätig­keit stets das Image, der Mann mit dem Koffer zu sein“, berichtet Hans Kilger, der in der Steiermark bereits 45 Mitarbeite­r beschäftig­t. Weitere Expansione­n des Deutschen, der als Winzer im Burgenland mit Uwe Schiefer und in der Weststeier­mark mit Christian Reiterer zusammenar­beitet, seien nicht ausgeschlo­ssen. Auch in Wien, wo ein Stand auf dem Naschmarkt geplant ist.

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BILD: SN/MARTIN BEHR
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