Eine Industrie-Ikone wankt
Eines der ältesten und bekanntesten Unternehmen Österreichs ist plötzlich in großer Not. Das Stahlbauunternehmen Waagner-Biro musste für eine Tochterfirma Insolvenz anmelden.
WIEN. Was haben die Kuppel des Berliner Reichstags, das Glasdach im British Museum in London und Red Bulls Hangar-7 in Salzburg gemeinsam? Die Konstruktion stammt jeweils vom österreichischen Paradeunternehmen Waagner-Biro, das eine 164-jährige Geschichte hat. „Vom Schlossereibetrieb zum Engineering- und Stahlbauspezialisten mit Weltruf“, heißt es stolz auf der Homepage der Firma. Einer der jüngsten Meilensteine, die weltweit Beachtung fanden, war im Vorjahr die Fertigstellung der Kuppel beim Museum Louvre Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dieser Prestigeauftrag brachte dem früher börsenotierten Unternehmen fast 80 Millionen Euro Umsatz.
Das Vorjahr schloss Waagner-Biro mit einem stabilen Umsatz von knapp 200 Mill. Euro und gut zehn Mill. Euro Gewinn auch noch „zufriedenstellend“ab, wie Vorstandsvorsitzender Thomas Jost bei der Hauptversammlung im April 2018 erklärte: „Schwankungen zwischen den einzelnen Sparten konnten durch die weiter vorangetriebene Internationalisierung und Diversifizierung innerhalb der Gruppe ausgeglichen werden.“
Ein halbes Jahr später ist die Lage alles andere als rosig. Durch einen größeren Zahlungsausfall bei einem Großauftrag in Russland geriet eine der Tochtergesellschaften, die SBE Alpha AG, in derartige Liquiditätsprobleme, dass am Dienstag ein Konkursantrag eingebracht wurde. Die 107 Mitarbeiter wurden beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet. Nach Auskunft des Kreditschutzverbandes bestehen Verbindlichkeiten von 68 Mill. Euro, weitere 40 Millionen an Eventualverbindlichkeiten könnten noch dazukommen. Die Aktiva gab Creditreform mit 39 Mill. Euro an.
In einer Mitteilung von WaagnerBiro hieß es so nebenbei: „Der Rest der Gruppe ist insolvenzgefährdet. Es wird angestrebt, ein Fortbestehen einzelner Unternehmensteile zu ermöglichen.“Wie viele der insgesamt mehr als 1400 Jobs an 15 Standorten in Europa, dem Mittleren Osten und Asien gefährdet sind, lässt sich noch nicht abschätzen. Allerdings sagte Andreas Gebauer vom Kreditschutzverband den SN, es sei mit Insolvenzanträgen von vier weiteren Töchtern der SBE Alpha zu rechnen.
Dem Vernehmen nach soll es sich bei dem Großprojekt mit dem Zahlungsausfall um das Lakhta Center in St. Petersburg handeln, seit heuer das mit 462 Metern höchste Gebäude Europas. Nach früheren Informationen hatte Waagner-Biro dabei etwa den Auftrag für ein Planetarium erhalten, der insgesamt fast 32 Mill. Euro ausmachte.
Die Waagner-Biro AG gehört zu rund 36 Prozent der Liaunig Industrieholding AG des bekannten Sanierers Herbert Liaunig und zu 25 Prozent einer Firma des Vorstandschefs Jost. Rund 39 Prozent der Anteile befinden sich im Streubesitz.
Insolvenzen weiterer Tochterfirmen drohen