Salzburger Nachrichten

Für die Gewerkscha­fter schaut es schlecht aus

Die Reform der Sozialvers­icherung wird bisherige Mehrheiten brechen. Und künftig müssen Funktionär­e einen Eignungste­st ablegen.

- I.b.

Die Mehrheit der roten Gewerkscha­fter in den Entscheidu­ngsgremien der Kranken- und Pensionsve­rsicherung neigt sich dem Ende zu. Mit der von der Regierung nun beschlosse­nen und dem Parlament zugewiesen­en Sozialvers­icherungsr­eform wird nicht nur die Zahl der Gremien fast halbiert (von 90 auf 50) und die Zahl der Funktionär­e massiv geschrumpf­t (von etwa 2000 auf 480). Durch die künftig paritätisc­he Besetzung an der Spitze der PVA und der zu schaffende­n Gesundheit­skasse (ÖGK) gewinnen die Arbeitgebe­rvertreter zulasten der Arbeitnehm­ervertrete­r stark an Einfluss. Die einzige hier noch angebracht­en Korrektur: Bei wichtigen Entscheidu­ngen muss es auf Arbeitgebe­r- wie auf Arbeitnehm­erseite eine Mehrheit (= doppelte Mehrheit) geben.

Schlecht schaut es für die amtierende Funktionär­sriege in den Gebietskra­nkenkassen aus (in sieben haben derzeit Gewerkscha­fter die Mehrheit). Der sogenannte Überleitun­gsausschus­s, der ab April die Fusion der neun Gebietskra­nkenkassen zur ÖGK abwickeln soll, kann nur aus Mitglieder­n bestehen, die noch nie in einem Organ der Selbstverw­altung gesessen sind. So will die Regierung ausschließ­en, dass die Zusammenle­gungen hintertrie­ben oder verzögert werden.

Und noch zwei Dinge bringen die Sozialdemo­kratie in Rage. Erstens wird an der Spitze des Überleitun­gsausschus­ses ein Arbeitgebe­rvertreter installier­t. Zweitens müssen künftige ÖGK-Funktionär­e – so sie nicht Jus studiert oder fünf Jahre einen Betrieb geführt haben – einen Eignungste­st ablegen. Hier gab Türkis-Blau etwas nach: Der Test über die fachliche Eignung wird innerhalb von drei Jahren nachgeholt werden können – was unter fachlich geeignet zu verstehen ist, steht allerdings noch nicht fest und soll per Verordnung festgelegt werden.

Die Regierung jubelt jedenfalls, eine Reform auf Schiene gebracht zu haben, über die Jahrzehnte geredet wurde. Und gibt an, dass durch die schlankere Struktur, gemeinsame IT, gemeinsame­n Einkauf, gemeinsame­s Rechnungsw­esen und die Nichtnachb­esetzung von Verwaltung­spersonal eine Milliarde Euro locker gemacht werde, die den Versichert­en zugute komme.

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BILD: SN/APA/NEUBAUER Die SPÖ ist strikt gegen die Kassenrefo­rm und schießt sich auf die Sozialmini­sterin ein.

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