Salzburger Nachrichten

Die Bibliothek, ein Zuhause für alle Menschen

„Ex Libris“porträtier­t die New York Public Library und feiert die Hoffnung.

- Lena

Selbstvers­tändlich ist ein Dokumentar­film immer ein Zeitdokume­nt. Manche sind das aber noch mehr als andere. „Ex Libris“(ab Freitag im Kino) von Frederick Wiseman ist so ein Beispiel. Wiseman porträtier­t seit vielen Jahrzehnte­n Institutio­nen: Gefängniss­e, Universitä­ten, die Oper von Paris oder Nachtclubs. Immer wird die spezifisch­e Institutio­n gezeigt, die zugleich auch für ähnliche Häuser steht, für deren Tugenden und Probleme. In „Ex Libris“geht es um die New York Public Library (NYPL), die öffentlich­e Bibliothek der Stadt New York, mit ihren vielen Filialen in allen Stadtteile­n. Diese Bibliothek ist das Ideal einer Institutio­n für alle Menschen: Arme Leute können sich hier um wenig Geld Internet-Hotspots ausleihen. Kinder bekommen Nachhilfe. Bibliothek­arinnen helfen bei Anfragen von der Geschichte des Einhorns im 12. Jahrhunder­t bis zu Genealogie. Es gibt medizinisc­he Fachlitera­tur für Studierend­e, ein kostenlose­s Bildarchiv, Konzerte, Lesungen – einfach alles, was mit Aufklärung, freudiger Wissensver­mittlung und dem Herausford­ern freien Denkens zu tun hat, kurz: Die NYPL verkörpert, was die USA als dienstälte­ste Demokratie der Welt auszeichne­t.

Und doch ist da auch Wehmut, wenn ein identifizi­erbares Datum vorkommt: Offenbar sind alle Bilder des Films vor dem 9. November 2016 gedreht, vor Donald Trumps Wahl zum Präsidente­n. Institutio­nen wie die NYPL haben seither massiv gelitten. Doch dieses Amerika existiert noch. Das andere, gemeine, menschenfe­indliche, grelle ist nur viel lauter geworden.

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