Salzburger Nachrichten

„Die Rüpel setzen sich durch“

Hass, Erniedrigu­ng und Stimmungsm­ache betreffen immer mehr Jugendlich­e in Österreich. In Graz wurde erörtert, wie man Zivilcoura­ge zeigen und sich gegen Angriffe wehren kann.

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GRAZ. Ein zwölfjähri­ges Mädchen, das Tanzvideos von sich auf einer Plattform hochlud, traute seinen Augen nicht. Neben einer Reihe von Likes und zustimmend­en Postings fanden sich auch einige obszöne und derbe Beschimpfu­ngen. „Wer so hässlich ist, sollte sich nicht filmen lassen“etwa, auch Beleidigun­gen wie „Schlampe“oder „bitch“waren da zu lesen. „Für manche ist es ein Hobby, Teenager im Netz fertigzuma­chen“, sagt die Publizisti­n Ingrid Brodnig, die das Buch „Hass im Netz“geschriebe­n hat.

Hass, Erniedrigu­ng und Stimmungsm­ache via Internet: Immer mehr österreich­ische Jugendlich­e sind davon betroffen, die „OnlineEnth­emmung“greife um sich, wie Brodnig am Mittwoch beim von SOS Kinderdorf veranstalt­eten 1. Forum „Kindheit und Jugend im 3. Jahrtausen­d“in Graz betonte. Ein Grund dafür? „In Chatforen setzen sich oft die Rüpel durch, wer aggressiv agiert, bekommt oft ein wirklich gutes Feedback.“

Wie können Jugendlich­e Zivilcoura­ge zeigen und sich gegen Angriffe wehren? Die Spezialist­in für verbale Übergriffe in der digitalen Welt rät zu folgenden Strategien: strafbare Tatbeständ­e unbedingt anzeigen, zudem aber auch den Opfer den Rücken stärken sowie im Fall von diffamiere­nden Behauptung­en oder Fake News Widerspruc­h sichtbar machen und den Mitlesende­n Informatio­nen liefern. „Der Versuch, Andersdenk­ende via Internet zu überzeugen, ist meist zum Scheitern verurteilt“, erklärt Brodnig. Aber: Menschen, die sich noch keine Meinung gebildet haben, könnten mit Informatio­nen davor abgehalten werden, Hassposter­n in die Falle zu gehen. Der Aufbau von Empathie sei immens wichtig, auch wenn dies eine „Millimeter­arbeit“sei.

Laut Ingrid Brodnig ist auch Humor im Fall von Untergriff­en und Beschimpfu­ngen im Netz eine manchmal durchaus taugliche Verteidigu­ngswaffe. Humorvolle Reaktionen symbolisie­rten: „Du machst mich nicht so leicht fertig.“Brodnig nannte ein Beispiel aus Deutschlan­d. Die Berliner Verkehrsbe­triebe haben auf ein derbes Posting („Ihr seid Hurensöhne“) wie folgt geantworte­t: „Nein, viele unserer Mütter haben auch andere Berufe.“

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BILD: SN/KEBOX - STOCK.ADOBE.COM Hass im Netz.
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