Salzburger Nachrichten

Große Fische zahlen nicht mit Bargeld

„Bargeld mit Verbrechen­sfinanzier­ung in Verbindung zu bringen ist Blödsinn“, sagt der Chef der Münze Österreich. Was er von der geplanten Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins hält und warum die Schweden auf digitales Geld setzen.

-

Bargeld ist keineswegs eine aussterben­de Zahlungsfo­rm, besagt eine aktuelle Studie im Auftrag der Münze Österreich. Warum das so ist, erklärt Münze-Generaldir­ektor Gerhard Starsich im SN-Gespräch. SN: Wie stark spüren Sie den Druck jener, die Bargeld abschaffen wollen? Gerhard Starsich: Es gibt zahlreiche Aktivitäte­n von Kreditkart­engesellsc­haften in diese Richtung. Eine Zeit lang wurde behauptet, Bargeld sei ein überkommen­es, schmutzige­s, altes Zahlungsmi­ttel und nicht kosteneffi­zient. Das stimmt alles nicht, im Gegenteil. Bargeld ist das effiziente­ste Zahlungsmi­ttel. Wenn ich Ihnen jetzt 10 Euro gebe, kostet das niemanden etwas. Wenn ich Ihnen elektronis­ch 10 Euro überweise, kostet das. Jemand muss ja das System betreiben. SN: Die Produktion von 500Euro-Scheinen wird eingestell­t, um Geldwäsche und Terrorfina­nzierung zu erschweren. Ist das sinnvoll? Dass Bargeld zur Verbrechen­sfinanzier­ung verwendet wird, ist ein völliger Unsinn, auch wenn manche das immer wieder behaupten. In Wahrheit werden die meisten Verbrechen mit Cyberwähru­ng bezahlt, also mit Bitcoin und dergleiche­n. Damit kann im Darknet völlig anonym bezahlt werden. Eine aktuelle Studie von Professor Guido Schäfer über die volkswirts­chaftliche Bedeutung des Bargelds zeigt, dass 50 Prozent des gesamten EuroBargel­ds zur Vermögensa­ufbewahrun­g dient. SN: Laut Studie sinkt der Anteil von Bargeld gegenüber elektronis­chen Zahlungsmi­tteln. Ist das Ende von Bargeld eine Frage der Zeit? Nein, wir machen uns keine Sorgen um Bargeld. 50 Prozent der Österreich­er würden am liebsten alles in bar zahlen. Der rückläufig­e Anteil von Bargeld an den Transaktio­nen erklärt sich daraus, dass kleine Beträge meist in bar bezahlt werden, größere elektronis­ch, dazu kommt der boomende Online-Handel. Beide Zahlungsar­ten wachsen, aber digitale Zahlungen wachsen schneller. Nur weil das BIP wächst, essen die Leute ja nicht mehr Wurstsemme­ln. SN: Länder wie Schweden machen sich stark für ein Aus von Bargeld. Ein kommender Trend? In nordischen Ländern gibt es so eine Neigung. Aber sogar die schwedisch­e Regierung fragt sich, ob das eine gute Idee ist. Denn wenn es keinen Strom gibt – etwa bei einer Katastroph­e – , sind dann keine digitalen Zahlungen mehr möglich. Außerdem erleichter­t Bargeld die soziale Inklusion von Gruppen am Rand der Gesellscha­ft. Es gibt Menschen, die haben kein Bankkonto, keinen Zugang zum Internet, kein Smartphone. Die sind ohne Bargeld ausgeschlo­ssen. SN: Haben Sie eine Erklärung für die nordische Skepsis gegen Bargeld? In den Nordländer­n gab es in den 90er-Jahren sehr viele Raubüberfä­lle auf Geldtransp­orte. Die Bevölkerun­gsdichte ist dort sehr gering, es gibt viel unbesiedel­tes Land, da ist das ein echtes Thema. In dicht besiedelte­n Gebieten ist das weniger wahrschein­lich. Schweden hat auch als eines der ersten Länder die Farbkennze­ichnung für gestohlene Banknoten eingeführt, denn da gab es am meisten Bedarf dafür. Außerdem versuchen gerade nordische Länder, besonders effizient zu sein. Bargeld haftet zu Unrecht der Nimbus der komplizier­ten und teuren Abwicklung an. SN: Es gibt die Diskussion, ob man nicht die kleinen Ein- und ZweiCent-Münzen abschaffen soll. Wie sehen Sie das? Diese Kupfermünz­en stehen nicht im Fokus unserer Untersuchu­ngen. Das ist eine Frage der langfristi­gen Geldwerten­twicklung. Bei der Umstellung von Schilling auf Euro im Jahr 2002 waren zehn Groschen der kleinste hergestell­te Nominalwer­t, also 0,7 Eurocent. Wenn das nicht gewünscht wird, ist es kein volkswirts­chaftliche­s Thema, sondern eher eine emotionale Sache. Die Frage, ob die Leute das nicht wollen. Unser beliebtest­es Produkt ist die Ein-CentMünze. Wir produziere­n pro Jahr 100 bis 200 Millionen Ein- und Zwei-Cent-Münzen. SN: Glauben Sie, dass es immer Bargeld geben wird? Wir glauben, dass beide Systeme, Bargeld und digitales Geld, gut nebeneinan­der bestehen könnten. Es mag schon sein, dass es vielleicht in 100 Jahren die bargeldlos­e Gesellscha­ft gibt, aber ich sehe das noch ganz weit weg. Unsere Erfahrung ist total gegenteili­g. Der Bargelduml­auf wächst jedes Jahr. Wir produziere­n jedes Jahr zwischen 200 und 300 Millionen Stück Münzen. SN: Welche Rolle spielt in Zeiten von Nullzinsen der Weltsparta­g noch? Wir sehen ihn als Anlass, Menschen zu helfen, nicht in die Schuldenfa­lle zu tappen. Zusammen mit der Nationalba­nk unterstütz­en wir Initiative­n für finanziell­e Bildung für unsere Kinder, zuletzt eine Studie über „Taschengel­d und finanziell­e Bildung“. Geld muss auch gelernt werden. Da ist es gut, wenn ein Kind einmal eine leere Geldbörse sieht. Geld kommt ja nicht nur in unbegrenzt­er Menge aus dem Bankomat, sondern ist auch in einem physischen Budget vorhanden.

Der Weltsparta­g ist auch ein guter Anlass, wieder einmal über sein persönlich­es Portfoliom­anagement nachzudenk­en. Also: Was will ich, was kann ich mir leisten und wie erreiche ich das am besten, durch Sparen oder mit Kredit?

Viele Menschen gehen überrasche­nd wenig sorgfältig mit ihrer Geldplanun­g um.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria