Was tust du gegen den Klimawandel?
Viele Betriebe übersehen, dass Junge anders leben, kaufen und arbeiten wollen.
Der Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari sagt, dass die Menschheit vor drei großen Problemen steht: Atomkrieg, Klimawandel und disruptive Technologien, insbesondere der Aufstieg von künstlicher Intelligenz und Biotechnologie. „Na und?“, wirft man reflexartig ein. Österreich könne als Winzling auf dem Erdenrund bei allen drei Themen nicht viel ausrichten, weil sie eine globale Dimension hätten und ohne Zutun großer Länder nichts bewirkt werden könne. Das ist zumindest die alte Leier, die gern gespielt wird und die man kennt: Bürger, Unternehmen, Politik und Verwaltung sind gut darin geschult, Verantwortung zu delegieren.
Doch was ist, wenn das auf einmal nicht mehr funktioniert, weil das große, komplexe Thema plötzlich im eigenen Vorgarten steht? Am Beispiel des Klimawandels kann man derzeit beobachten, wie eines der großen, unfassbaren Zukunftsthemen kippt: vom kopfigen Moralthema („Du sollst verzichten“) zur bauchigen Betroffenheit („Werden wir ein Wüstenland?“). Viele haben den Schalter im Kopf umgelegt: Das sich ändernde Klima ist zu einer Alltagssorge geworden.
Nun hat zweifellos der nicht enden wollende Sommer des heurigen Jahres zu einer kollektiven Gehirnwäsche beigetragen: Es ist nicht mehr zu leugnen, dass ein großes Realexperiment stattfindet, im Zuge dessen es auch in Österreich im Vergleich zu vorindust- riellen Zeiten im Jahresmittel um 1,1 bis 1,2 Grad wärmer geworden ist.
Der große Umbruch aber kommt, weil es jetzt sichtbare und spürbare wirtschaftliche Auswirkungen gibt. Da ist einmal eine neue Art von Nachfrage: Viele 20- und 30-Jährige denken mehr darüber nach, was sie kaufen, wie sie arbeiten und leben wollen. Den eigenen CO2-Fußabdruck klein zu halten gehört viel häufiger zu ihrem Lebensstil als bei reiferen Erwachsenen, was sich in der Zunahme von vegetarischen Lebensstilen und der Weigerung, den Führerschein zu machen, zeigt. Das vergessen viele Unternehmen, die verzweifelt um Fachkräfte werben: Über aktiven Klimaschutz können sie Sinn anbieten, ob es um Mobilitätsangebote für Mitarbeiter, das Essen in der Kantine oder den Umgang mit Energie im Unternehmen geht. „Was tust du gegen den Klimawandel?“Auf diese Bewerberfrage müssen Arbeitgeber künftig gute Antworten haben. Geld allein zählt nicht mehr.
Die Glaubwürdigkeit von Produzenten, aber auch klassischen Servicebranchen wie dem Tourismus, wird zunehmend daran gemessen, ob sie klimafreundliche Angebote mit geringem CO2-Ausstoß haben oder den Menschen helfen, mit dem Klimawandel zurechtzukommen. Viele Innovationen basieren auf der Erfahrung von Schmerz. Dieser Punkt ist jetzt beim Klima erreicht. Das gibt Hoffnung: Auch Kleine können dabei sehr viel ausrichten.