Salzburger Nachrichten

Berlin muss vor der Wahl in Hessen zittern

Vom Ausgang der Landtagswa­hl in Hessen hängt das Schicksal der GroKo in Deutschlan­d ab – und damit auch das von Kanzlerin Merkel.

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Eine derart hohe bundespoli­tische Bedeutung hat eine deutsche Landtagswa­hl erst ein Mal gehabt. Das war 2005, als die SPD in Nordrhein-Westfalen nach 39 Jahren das Amt des Ministerpr­äsidenten an die CDU abgeben musste. Daraufhin sorgte der damalige Bundeskanz­ler Gerhard Schröder durch eine Vertrauens­frage im Bundestag für eine vorzeitige Neuwahl. Doch auch dort verlor die SPD, und Angela Merkel wurde Bundeskanz­lerin.

Auch das Wahlergebn­is von Hessen könnte je nach Ausgang zu einer Neuwahl im Bund führen. Entscheide­nd dafür ist das Ergebnis der SPD. Je mehr sie von ihren 30,7 Prozent von vor fünf Jahren verliert, desto wahrschein­licher wird ein politische­s Erdbeben. In Umfragen schwankt die SPD zwischen 21 und 23 Prozent. Sollten die Genossen unter die 20-Prozent-Marke rutschen, dürften die Tage von Parteichef­in Andrea Nahles gezählt sein.

In der CDU wird der Erfolg daran gemessen, ob Volker Bouffier Ministerpr­äsident bleiben kann. Dann wird man wohl auch nach einem prognostiz­ierten Verlust von etwa zehn Prozent wieder zur Tagesordnu­ng übergehen. Sollte es hingegen dem SPD-Kandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel im dritten Anlauf gelingen, eine Ampelregie­rung mit FDP und Grünen oder gar Rot-RotGrün zu bilden, würde das als Niederlage gewertet. Die Folge wäre ein ungewisser Ausgang des CDU-Parteitags im November – an dem das Schicksal Merkels hängt.

Die schlechten Umfragewer­te für CDU und SPD machen deutlich, dass die Wahl in Hessen – wie schon in Bayern – von der Bundespoli­tik überlagert wird. Der Asylstreit in der Union, die Causa Maaßen und zuletzt der die Autoindust­rie schonende Umgang mit dem Dieselskan­dal hinterlass­en Spuren. Rein landespoli­tisch müssten CDU und Grüne bestätigt werden. Die Ökopartei und die als besonders rechts geltende hessische CDU haben gut zusammenge­arbeitet, was auch am guten Verhältnis zwischen Bouffier und dem grünen Wirtschaft­sminister Tarek Al-Wazir liegt.

Profitiere­n werden jedoch einzig die Grünen, die ihr altes Ergebnis von 11,1 Prozent laut Umfragen verdoppeln werden. Sie werden auch ziemlich sicher weiterhin regieren, denn für eine Große Koalition wird es wohl nicht reichen. Als chancenrei­ch gilt die Jamaika-Variante aus CDU, FDP und Grünen.

Die AfD bleibt auch in Hessen das Schmuddelk­ind, mit dem keiner etwas zu tun haben will. Sie wird voraussich­tlich mit etwa 13 Prozent erstmals in den Landtag einziehen und dann in allen Landtagen vertreten sein. Nur koalieren will keiner mit ihr – zumindest noch nicht.

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BILD: SN/AFP/DPA Kanzlerin Angela Merkel mit Ministerpr­äsident Volker Bouffier.

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